Wirtschaft

Die Eurozone – droht ein zweites Japan?

Hamburg, den 20.08.2012 - Wenn man sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Europas und der USA betrachtet, drängt sich einem der Vergleich mit Japan in den letzten 25 Jahren auf. Besteht also die Gefahr, dass die westliche Welt in eine ähnliche Abwärtsspirale hineingerät mit vergleichbar negativen Folgen?

Zur Erinnerung: Japan war bis Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts eines der am schnellsten wachsenden Länder der Welt. Bedingt durch eine expansive Geldpolitik kam es dann ab Mitte der 80er Jahre zu einem beispiellosen Boom, der den japanischen Leitindex Nikkei225 fünf Jahre später auf rund 40.000 Punkte empor katapultierte und Immobilien drastisch verteuerte. Heute – über 20 Jahre später – steht der Index bei unter 10.000 Punkten. Die Langfristfolgen waren dramatisch: Nach dem Platzen dieser Blasen Anfang der 90er Jahre herrscht in Japan seit nunmehr 20 Jahren Dauerkrise. Das wirtschaftliche „Drehbuch“ dafür ist schnell erzählt. Viele Immobilien und Aktien wurden von Banken direkt gehalten oder wurden von ihnen durch Kreditvergabe finanziert. Der Einbruch der Preise – insbesondere im Immobiliensektor – führte dann zu weitreichenden Konsequenzen. Notleidende Kredite ließen Banken kollabieren und verschuldete Immobilienbesitzer zu Sparmaßnahmen – sprich Konsumverzicht – greifen. Doch fiel der Wert der mit Krediten finanzierten Immobilien schneller als die einsetzende Entschuldung. In der Konsequenz verschlechterte sich die Vermögenssituation der Immobilienbesitzer über Jahre hinweg immer weiter und die Japaner begannen deshalb noch mehr zu sparen. Die rückläufige Nachfrage drückte auf die Güterpreise und führte dazu, dass der Kauf vor allem teurer und langlebiger Wirtschaftsgüter weiter hinausgezögert wurde. Dieser Teufelskreis aus Entschuldung, Konsumverzicht, Nachfragerückgang und fallenden Preise beherrschte die japanische Wirtschaft über 20 Jahre lang. Einzig der Staat stemmte sich gegen den Einbruch der Binnennachfrage mit der Folge, dass die Verschuldung des japanischen Staates von unter 70% des Bruttoinlandsproduktes Ende der 80er Jahre auf über 200% in 2011/2012 geradezu explodierte.

Ist ein solches Deflationsszenario auch für Europa und die USA vorstellbar?
Die letzten Jahre waren – ähnlich wie in Japan – gekennzeichnet durch zunächst einbrechende Aktienmärkte und einem deutlichen Rückgang der zuvor spekulativ überhitzten Immobilienpreise in Ländern wie den USA, England oder Spanien. Hinzu kamen kollabierende Banken und eine extrem zögerliche Konsumnachfrage. Als letztes akzeptierten auch die Regierungen eine deutliche Erhöhung ihrer Verschuldung, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Eine also durchaus vergleichbare Situation mit Japan – mit einem wesentlichen Unterschied: Die Regierungen und die Notenbanken in den USA und in Europa haben deutlich schneller und deutlich aggressiver auf den wirtschaftlichen Einbruch reagiert als die Japaner Anfang der 1990er Jahre. Darüber hinaus gibt es das klare Bekenntnis der Notenbanken, eine Deflation mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen. Dies zeigt sich denn auch in den Inflationsraten: In Europa liegt sie aktuell stabil bei fast 2,5% und in den USA bei knapp unter 2%, während sie in Japan bereits Mitte der 90er Jahre negativ war. Die weiterhin hohe Verschuldung und damit einhergehend der langwierige Prozess der Schuldenreduzierung lässt für die USA und auch für England deshalb für die nächsten Jahre ein unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum erwarten, jedoch ohne die zusätzlichen negativen Konsequenzen einer Deflation. Gefährlicher ist die Situation allerdings in der Eurozone.

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