Wirtschaft

Aktuelle Allensbach-Studie: Manager sichern sich nicht ausreichend gegen Haftungsrisiken ab

Für rund 80 Prozent der deutschen Unternehmen hat das Thema „Compliance“ heute einen hohen Stellenwert. 41 Prozent der Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 250 Mio. Euro geben sogar an, dass dieser Stellenwert „sehr hoch“ sei.

65 Prozent verfügen aber dennoch über kein Compliance-Management-System, 42 Prozent nicht einmal über eine Compliance-Richtlinie. Den meisten ist das schlichtweg zu teuer – und das trotz verschärfter Regelungen zur Manager-Haftung. Das hat eine repräsentative Befragung von 253 deutschen Unternehmen durch das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Kanzlei Kerkhoff Legal ergeben. Auszüge der Studie veröffentlicht exklusiv Dow Jones Deutschland.

„Manager in Unternehmen, die keine Compliance-Maßnahmen getroffen haben, setzen sich heute einem großen Risiko aus“, sagt Sabrina Keese, Partnerin bei Kerkhoff Legal. Nach aktueller Rechtsgrundlage können Manager heute noch bis zu zehn Jahre nach dem Ausscheiden aus einem Unternehmen für einstmals getroffene Entscheidungen haftbar gemacht werden. Dies schließt auch Entscheidungen der nächsten Management-Ebene ein, für die das obere Management Verantwortung getragen hat. „Häufig haben Firmenlenker keinen detaillierten Einblick in die Entscheidungsstrukturen der nachgeordneten Ebenen, können aber dennoch für diese Entscheidungen verantwortlich gemacht werden“, sagt Keese. „Umso wichtiger ist es, durch klar definierte Regelungen das Haftungsrisiko möglichst gering zu halten.“

56 Prozent derjenigen, die bisher kein Compliance-Management-System implementiert haben, halten die Einführung eines solchen Systems für „zu aufwändig“. „Manager riskieren somit lieber persönliche Haftung, als dass sie investieren“, sagt Keese. „Und das, obwohl sich alle der Relevanz der Thematik bewusst sind.“

Selbst beim Vorhandensein einer ausformulierten Compliance-Richtlinie existieren noch große Risiken für Manager. Denn zwar definieren viele Richtlinien was erlaubt ist und was nicht; sie legen aber nicht dar, was bei einem Verstoß gegen sie passieren soll. So geben 54 Prozent der Unternehmen an, dass es bei einem Compliance-Verstoß durch einen Mitarbeiter keine Richtlinien zum Umgang mit diesem Verstoß gebe, sondern willkürlich von Fall zu Fall entschieden werde. Nur knapp ein Viertel der Unternehmen hat angegeben, bei Verstößen klar definierten Richtlinien zu folgen. Ein Fünftel der Unternehmen verfolgt nach eigener Angabe bei Compliance-Verstößen eine „Null-Toleranz-Politik“.

„Eine Compliance-Richtlinie zu erstellen ist stets der erste und richtige Schritt“, sagt Anwältin Keese. „Aber die beste Richtlinie nützt nichts, wenn darauf aufbauend keine eindeutigen Prozesse definiert werden, wie Verstöße zu ahnden sind. Am Ende bleibt die Verantwortung dann doch wieder bei den Vorgesetzten hängen.“ Dies bestätigt die Befragung durch das Institut für Demoskopie Allensbach: In 54 Prozent der Fälle müssen sich Vorgesetzte verantworten, wenn Mitarbeiter gegen die Compliance-Richtlinie verstoßen.

Compliance-Management-Systeme (CMS) enthalten sowohl die in der Richtlinie definierten Vorschriften, ein ständiges Controlling dieser Vorschriften sowie Maßnahmen, wie mit Verstößen umzugehen ist. Unternehmen, die ein solches CMS implementiert haben, bündeln darin den Umgang mit Themen wie Korruption (64 Prozent halten das für „sehr wichtig“), Datenschutz (63 Prozent), wettbewerbswidrige Absprachen (55 Prozent), Interessenkonflikte des Unternehmens genauso wie von einzelnen Mitarbeitern (32 Prozent), die Annahme von Geschenken oder Einladungen (26 Prozent) ebenso wie ethische Grundsätze (23 Prozent).

Vor allem große Unternehmen verfügen über ein solches System. 54 Prozent der Firmen mit 250 Mio. Euro Jahresumsatz haben ein Compliance-Management-System, 22 Prozent planen derzeit die Einführung. Nur ein Viertel der Befragten will hier nicht tätig werden. Anders sieht die Situation bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 250 Mio. Euro aus. Nur 15 Prozent verfügen über ein CMS, 16 Prozent wollen es einführen – und für 68 Prozent ist das Thema nach eigener Angabe derzeit nicht relevant.

„Die Manager dieser mittelständischen Unternehmen setzen sich selbst genauso wie ihr Unternehmen einem nicht kalkulierbaren Risiko aus“, sagt Keese. „Dabei müssen Manager sich mit dem Thema Compliance nicht aus rein egoistischen Gründen auseinander setzen.“ Von den Unternehmen, die ein CMS eingeführt haben, will der Großteil, 92 Prozent, ganz eindeutig Schadensfälle vom Unternehmen abwenden oder zumindest begrenzen. 63 Prozent haben das Ziel, ihr Unternehmensimage zu verbessern, 42 Prozent gehen davon aus den Unternehmenswert mit Hilfe eines CMS nachhaltig zu steigern. Rund 29 Prozent beabsichtigen, ihr Rating zu verbessern – und damit die Refinanzierungskosten zu senken.

Über die Studie:

Im Auftrag der Kanzlei Kerkhoff Legal hat das Institut für Demoskopie Allensbach 253 Unternehmen hinsichtlich ihres Umgangs mit dem Thema „Compliance“ befragt. Ein Drittel der befragten Unternehmen hatte dabei eine Unternehmensgröße von unter 100 Mio. Euro Jahresumsatz, ein weiteres Drittel eine Größe von 100 Mio. Euro bis 500 Mio. Euro Jahresumsatz und ein letztes Drittel von mehr als 500 Mio. Euro Jahresumsatz. Ansprechpartner für die Interviews waren Geschäftsführer (25 Prozent), Leiter der Rechtsabteilung (16 Prozent), Leiter der Personalabteilung (11 Prozent), Leiter der Compliance-Abteilung (10 Prozent) oder andere leitende Angestellte (38 Prozent).

Die Studie ist Grundlage für das am 9. November 2011 erscheinende Buch „Aktenzeichen Einkauf – Mit Compliance Haftungsrisiken für Unternehmen und Management minimieren“ von Gerd Kerkhoff, Gregor van Ackeren, Frank Blasius, Matthias Hoff, Sabrina Keese und Nicole Teresiak im Verlag Wiley-VCH. ISBN: 978-3-527-50648-4

Über Kerkhoff Legal:

Kerkhoff Legal LLP ist eine Anwaltskanzlei mit Sitz in Düsseldorf. Die Anwälte von Kerkhoff Legal beraten ihre Mandanten vorwiegend zum Thema Compliance und zur Vermeidung von Haftungsrisiken sowie in Rechtsfragen rund um den Unternehmensbereich Einkauf. Die Kanzlei ist ein Partnerunternehmen von Kerkhoff Consulting, dem Qualitätsführer der auf die Themen Einkauf und Supply-Chain-Management spezialisierten Unternehmensberatungen.

Diese Zusammenarbeit ermöglicht eine bisher am Markt nicht dagewesene Verschmelzung von Projekten im Einkaufsmanagement und juristischer Beratung. Das bedeutet: Während Berater von Kerkhoff Consulting den Einkauf aus betriebswirtschaftlicher Sicht unter die Lupe nehmen, prüfen die Anwälte von Kerkhoff Legal alle juristischen Risiken, die eine Einkaufsabteilung birgt.

Der Unterschied zu anderen Anwaltskanzleien: Alle Anwälte von Kerkhoff Legal kennen die Prozesse im Einkauf im Detail. Sie arbeiten über das gesamte Projekt hinweg beim Kunden vor Ort – und sorgen so dafür, dass ihre juristischen Texte später nicht nur in Ordnern abgelegt, sondern nach einem Projekt von den Mitarbeitern der Einkaufsabteilungen wirklich gelebt werden. www.kerkhoff-legal.com

 

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