Die Partner des DAVE-Netzwerks blicken auf ein forderndes erstes Halbjahr am Gewerbeimmobilienmarkt zurück. Trotz konjunktureller Zurückhaltung zeigen sich einige Segmente stabil, andere selektiv dynamisch. Während die Mieten in zentralen Bürolagen neue Höhen erreichen, sorgen Verlagerungstendenzen, Anreizsysteme in Randlagen und verschärfte Flächenqualitätsanforderungen für eine neue Marktrealität.
Zentrale Bürolagen boomen, Randlagen unter Druck
Sven Keussen, DAVE-Partner München, beschreibt die Situation wie folgt: „Die Preise für Bürovermietungen in zentralen Lagen haben neue Höhen erreicht.“ Die Spitzenmieten steigen dort weiter. Während in peripheren Lagen bei in die Jahre gekommenen Bestandsimmobilien, Incentives von sechs bis 12 Monaten als Voraussetzung für eine zehnjährige Mietdauer zunehmend zur Norm werden. Dennoch bleiben in diesen Lagen die Mieten stabil. „Insgesamt beobachten wir eine deutliche Verlagerung der Nachfrage von Bestandsflächen hin zu hochwertigen Neubauten“, so Keussen.
Österreich eher verhalten
In Österreich berichtet der DAVE-Partner Daniel Triffterer: „Die Logistik ist derzeit eher zäh. Die wirtschaftliche Lage dämpft die Dynamik.“ Der Büromarkt zeige sich hingegen neutral bis leicht anziehend, mit stabilen Mieten und geringeren Incentive-Zeiten als in Deutschland. Chancen bestünden in der Repositionierung von Büroassets – die Investorenlandschaft richte sich zunehmend auf Hotels und Serviced Apartments aus. Der Transaktionsmarkt ist nach wie vor verhalten. „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind entscheidend. Sobald sich hier eine Verbesserung zeigt, rechnen wir mit einer Wiederbelebung“, so Triffterer. In Deutschland bleibt die Risikobereitschaft gering, wenngleich einzelne Teilmärkte Chancen bieten.
Berlin: Polarisierung und struktureller Wandel – mehr Realitätssinn bei Umnutzung gefordert
Corvin Tolle, DAVE-Partner Berlin, beobachtet für die Bundeshauptstadt eine zunehmende Spreizung des Marktes: „Wir erleben eine Polarisierung – Top-Bürolagen sind stabil bis wachsend, während periphere Lagen mit steigendem Leerstand und wachsendem Anpassungsdruck kämpfen.“ Besonders häufig werde die Umnutzung von Büroflächen zu Wohnraum als Lösung ins Spiel gebracht – doch Tolle warnt vor überhöhten Erwartungen: „Der strukturelle Wandel ist da, aber noch nicht angekommen. Bundesweit gibt es aktuell laut Studien nur rund 50 bis 60 Projekte, bei denen Büroflächen tatsächlich in Wohnraum umgewandelt werden. Das ist angesichts der Leerstände kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Wirtschaftliche, rechtliche und baurechtliche Hürden verhinderten bislang eine flächendeckende Umnutzung. Tolle fordert: „Ohne echte Reformimpulse von der Politik – etwa beim Baurecht, bei energetischen Standards oder Förderungen – wird sich daran nichts ändern.“
Bonn: Schwache Bürovermietungszahlen – Markt braucht neue Impulse
In Bonn fällt die Halbjahresbilanz am Gewerbemarkt ernüchternd aus. „Mit lediglich rund 23.000 Quadratmetern vermieteter Fläche hinken wir deutlich hinter den Vorjahreswerten hinterher – 2024 lag das Jahresergebnis bei rund 160.000 Quadratmetern, in den Jahren zuvor waren es regelmäßig zwischen 120.000 und 140.000“, erklärt Wieland Münch, DAVE-Partner in Bonn. Zwar sei grundsätzlich Nachfrage vorhanden, doch es fehle an konkreten Abschlüssen. Auch im Investmentbereich bleibt die Lage angespannt: „Die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien ist sehr verhalten. Viele Transaktionen scheitern aktuell an den Finanzierungsbedingungen der Banken“, so Münch weiter.
Hamburg: Nachfrage bleibt, ist aber selektiver
Laut DAVE-Partner Jens Lütjen zeigt sich der Hamburger Büromarkt widerstandsfähig, jedoch zunehmend differenziert. Die Nachfrage konzentriert sich klar auf moderne und hochwertige Flächen – insbesondere in zentralen Lagen. Eigentümer hinterfragen vermehrt die Zukunftsfähigkeit ihrer Bestände und setzen auf Revitalisierung. Gleichzeitig verfestigt sich der Trend zu verlängerten Bestandsverträgen und Untervermietungen, da viele Nutzer auf künftige Neubauprojekte setzen. Der Markt bleibt in Bewegung, aber die Ansprüche an Qualität, Lage und Flexibilität sind deutlich gestiegen.
Bremen: Logistik bleibt gefragt – aber nur bei klarem Bedarf
„Flächen werden nur noch angemietet, wenn sie unmittelbar benötigt werden – spekulative Anmietungen sehen wir kaum noch“, so Lütjen. Die Nachfrage ist breit gestreut, mit starker Dynamik in der Handelslogistik. Besonders auffällig: Mietverträge werden kürzer und flexibler abgeschlossen, um auf wirtschaftliche Unsicherheiten reagieren zu können. Das Angebot wird zugleich knapper – vor allem im Stadtgebiet. Insgesamt bleibt die Logistik in Bremen ein starkes Segment, jedoch unter deutlich veränderten Vorzeichen: gezielter, kurzfristiger und auf Effizienz fokussiert.
Köln: Nachfrage differenziert sich – Toplagen im Büro stark, Logistik stabil
Alexander Schlömer vom DAVE-Partner in Köln registriert für die Domstadt im ersten Halbjahr eine leicht rückläufige Flächennachfrage. Besonders im Bürosektor zeigt sich eine Zweiteilung: Während in Toplagen und bei modernen Neubauten weiterhin solide Vermietungen verzeichnet werden, geraten periphere Standorte zunehmend unter Druck. Dort bleiben längere Vermarktungszeiten und Anreize wie mietfreie Zeiten die Regel. Im Logistikbereich präsentiert sich der Kölner Markt deutlich stabiler. Die Mieten bewegen sich auf konstantem Niveau – insbesondere moderne Flächen mit guter Verkehrsanbindung sind weiterhin gefragt. Qualität und Effizienz stehen klar im Fokus der Nutzer.
Ruhrgebiet: Nachfrage schwach, nur Top-Flächen überzeugen
Der Büromarkt im Ruhrgebiet zeigt sich weiterhin verhalten. Schon 2024 lag die Vermietungsleistung an den Standorten rund 15 bis 30 Prozent unter dem Zehnjahresdurchschnitt – und auch die Zahlen für das erste Halbjahr 2025 lassen keine Besserung erkennen. Axel Quester, DAVE-Partner in Duisburg: „Zwar bleiben die Top-5-Prozent der Flächen mit hoher Qualität gut vermietbar – bedingt durch das begrenzte Neubauvolumen und die geringe Verfügbarkeit von Premiumflächen. Doch insgesamt wächst der Leerstand, nicht nur in Randlagen, und der Druck auf die Mieten steigt.“ Auch im Logistiksegment berichtet der DAVE-Partner von einem stabilen Grundrauschen. Neue Großprojekte werden derzeit jedoch kaum angestoßen – viele Flächennutzer scheuen langfristige Engagements.
Stuttgart: Investoren setzen auf Stabilität und ESG-konforme Objekte
Peter Schürrer, DAVE-Partner in Stuttgart, beobachtet eine wachsende Nachfrage nach stabilen Anlageformen: „Investoren fokussieren sich zunehmend auf Core- und Core-Plus-Objekte mit nachhaltiger Renditeperspektive.“ Besonders renditestarke Büro- und Einzelhandelsimmobilien stehen im Fokus. Die durchschnittlichen Büromieten haben spürbar angezogen. Gleichzeitig nimmt der Leerstand – insbesondere in den Stadtteillagen – weiter zu. ESG-konforme, energieeffiziente Immobilien in attraktiven Lagen sind besonders gefragt. Schürrer: „Wir sehen aktuell ein vorsichtig optimistisches Umfeld. In der zweiten Jahreshälfte 2025 erwarten wir eine positive Preisentwicklung zugunsten von Kapitalanlegern sowie eine Rückkehr institutioneller Investoren.“
Öffentliche Auftraggeber gewinnen an Bedeutung
Ein wichtiger Impuls im Bereich Logistikimmobilien könnte nach Angaben der DAVE-Partner aus der angekündigten Investitionsoffensive der Bundesregierung im Bereich Verteidigung und Infrastruktur erfolgen. Keussen: „Mittelfristig rechnen wir mit einer verstärkten Nachfrage durch öffentliche Auftraggeber – insbesondere bei Industrie- und Lagerflächen.“
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