Lifestyle

 Experteninterview: Mini-Jobs 

ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer zu steuer- und abgabenfreien Jobs

rawpixel / Pixabay

Mit der Einführung des Mindestlohnes im Jahre 2015 nahm die Anzahl der Mini-Jobs in Deutschland zunächst rapide ab. Ein Auslaufmodell sind sie dennoch nicht. Seitdem ist ihre Zahl wieder stetig gewachsen und inzwischen etwa so hoch wie vor der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. Grund genug, um dem ARAG Rechtsexperten Tobias Klingelhöfer ein paar grundlegende Fragen zu stellen.

Herr Klingelhöfer! Was ist eigentlich ein Mini-Job?

RA Tobias Klingelhöfer: Ein Mini-Job ist ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis. Das monatliche Arbeitsentgelt darf nicht mehr als 450 Euro betragen. Eine solche Teilzeitbeschäftigung ist weitgehend sozialversicherungsfrei.

Können Arbeitnehmer jederzeit zusätzlich zur regulären Erwerbstätigkeit einen Mini-Job annehmen?

RA Tobias Klingelhöfer: Es gibt natürlich Regeln. Unter Umständen muss der Hauptarbeitgeber von dem Vorhaben, eine Nebentätigkeit aufzunehmen, informiert werden. Und zwar immer dann, wenn das im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vereinbart ist oder wenn der Nebenjob Auswirkungen auf den Hauptjob hat. Hat der Chef in diesem Fall triftige Gründe, kann er den Nebenjob untersagen.

Welche triftigen Gründe könnten das sein?

RA Tobias Klingelhöfer: Das Ausmaß der Arbeit könnte zu groß sein. Die Arbeitszeiten aller Arbeitsverhältnisse zusammen dürfen regelmäßig acht Stunden täglich und 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Außerdem darf der Arbeitnehmer keinen Nebenjob in einem Konkurrenzunternehmen annehmen.

Gilt der Mindestlohn auch für Mini-Jobs?

RA Tobias Klingelhöfer: Ja, selbstverständlich! Derzeit liegt dieser bei 9,35 Euro pro Stunde. Die Anzahl der Stunden, die Arbeitnehmer im Monat maximal arbeiten dürfen, hängt somit neben den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes auch vom Stundenlohn ab, denn die 450 Euro im Monat dürfen für den Mini-Job ja nicht überschritten werden!

Wie viele Mini-Jobs darf man denn annehmen?

RA Tobias Klingelhöfer: Wer einer versicherungspflichtigen (Haupt-)Beschäftigung nachgeht, darf nur einen versicherungsfreien Mini-Job annehmen. Auch, wenn es sich um eine Teilzeitarbeit handelt. Alle weiteren Mini-Jobs werden sonst mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und sind dann versicherungspflichtig. Ohne Hauptbeschäftigung darf man mehrere Mini-Jobs haben. Dann zahlt man nur Sozialversicherungsbeiträge, wenn alle Einkünfte zusammen 450 Euro monatlich übersteigen.

Welche Abgaben zahlen die Arbeitgeber von Mini-Jobs?

RA Tobias Klingelhöfer: Arbeitgeber entrichten für Mini-Jobs Pauschalbeiträge. Zum Beispiel für die gesetzliche Rentenversicherung und Krankenversicherung. Die Pauschalabgaben für die Krankenversicherung fließen in den allgemeinen Gesundheitsfonds. Daraus können die gesetzlich vorgesehenen Entgeltfortzahlungen zum Beispiel bei Krankheit oder Schwangerschaft finanziert werden.

Und an die Rentenversicherung wird auch gezahlt!
RA Tobias Klingelhöfer: Genau! Der Arbeitgeber und der Mini-Jobber zahlen einen Beitrag zur Rentenversicherung. Letzterer kann aber durch einen Antrag auf die Rentenversicherungspflicht verzichten.

Gibt es da Ausnahmen?

RA Tobias Klingelhöfer: Keine Regel ohne Ausnahmen! Minijobber, die ihre Beschäftigung vor dem 1. Januar 2013 begonnen haben und regelmäßig im Monat unter 400 Euro verdienen, sind in der Rentenversicherung versicherungsfrei. Erst wenn sie mehr als 400 Euro mit nach Hause nehmen, ist auch der alte Minijob rentenversicherungspflichtig – wenn man sich nicht befreien lässt.

Die arbeitsrechtlichen Ansprüche bestehen also auch für Mini-Jobber?
RA Tobias Klingelhöfer: Ja! Auch geringfügig Beschäftigte – wie Mini-Jobber im Behördendeutsch heißen – haben einen Anspruch auf Sozialleistungen. Dazu gehört neben der erwähnten Entgeltfortzahlung bei Krankheit und dem Mutterschutz auch das Feiertagsentgelt.

Haben Mini-Jobber auch Anspruch auf Urlaub?

RA Tobias Klingelhöfer: Ja klar! Mini-Jobber haben wie jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub im Verhältnis zu ihrer Beschäftigungsdauer. Es gibt hier aber eine Sonderregelung: Für den Urlaubsanspruch kommt es auf die Anzahl der Arbeitstage an, die pro Woche gearbeitet werden, unabhängig davon, wie viele Stunden am Tag gejobbt werden. Wer also zum Beispiel an fünf Tagen pro Woche arbeitet, hat einen Anspruch auf 20 Urlaubstage im Jahr. Wird nur an zwei Tagen pro Woche gearbeitet, können acht Tage Urlaub pro Jahr genommen werden.

(ARAG)

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