Investmentfonds

Welches Waschprogramm hätten Sie denn gerne?

Greenwashing, Redwashing, Pinkwashing, Purplewashing, Bluewashing, Brownwashing, Rainbowwashing, Impactwashing, Timewashing, Competencewashing, Transitionwashing und und und. Für Marketing Liebhaber von Mogelpackungen ist das Spektrum irreführender Werbung groß und offenbar vor allem bunt.

Ob es die Umwelt betrifft, indem ein Kohle-Konzern sich als „nachhaltiger Energieanbieter“ darstellt, aber weiterhin überwiegend fossile Energie produziert und sogar noch darin investiert. Ob es Unternehmen sind, die LGBTQ+-Symbole nutzen, um sich einen diversen Anstrich zu geben, bei denen im Management aber nur alte weiße Männer sitzen. Ob es Organisationen sind, die Frauen fördern möchten, diese aber schlechter zahlen alsMänner. Ob es Firmen sind, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen, um neue Kundengruppen zu erschließen, intern aber keine echten Veränderungen umsetzen und noch nicht einmal Diversitätsprogramme auflegen, um zum Beispiel benachteiligte Gruppen wie Menschen mit körperlicher oder seelischer Beeinträchtigung zu fördern oder Wiedereingliederungsmaßnahmen für Menschen, die aus dem ersten Arbeitsmarkt gefallen sind, durchführen, echte Inklusion also nicht gelebt wird. Ob es Staaten sind, die sich menschenfreundlich und sozial geben, aber demokratische Prozesse aushebeln, keine Mindestlöhne haben und Arbeitsrechte in Lieferketten mit Füßen treten. Auch das Verschweigen oder Schönen von kontroversen Aspekten aus der Unternehmensvergangenheit ist ein beliebtes Waschprogramm.

Im Finanzmarkt ist Greenwashing seit einigen Jahren ein wachsendes Phänomen, da in kurzer Zeit sehr viele Produktanbieter ihre grüne DNA entdeckt haben und mittlerweile mehr oder weniger glaubwürdig nachhaltige Geldanlagen anbieten. Glücklicherweise bereinigt sich der Markt gerade selbst und schrumpft sich gesund. Das grüne Pendel schwingt also aktuell wieder in eine ausgewogenere Mitte zurück. Offenbar brauchte es dafür einige Greenwashing Skandale, Klagen von Verbraucherzentralen und auferlegte Geldstrafen verschiedener Finanzaufsichten. Einigen Fondsanbietern ging wohl mittlerweile ein grünes Licht auf und sie merkten, dass neben der grünen Verpackung auch der Inhalt stimmen muss und es dafür nachhaltigen Sachverstand, gute interne Analysekapazitäten und zum Teil auch eine Änderung der Geschäftspolitik und Unternehmenskultur benötigt. Um jetzt aber nicht pauschal auf die Produktanbieter draufzuhauen, sei auch an die Fairness der Produktnachfrager appelliert. Denn nicht selten fußen Vorwürfe von Irreführung auf Diskrepanzen zwischen der Erwartungshaltung von Anlegenden und dem Leistungsvermögen von Produkten. Fachlich gesprochen, vom Ambitionsniveau, das Finanzprodukte mit Nachhaltigkeitseigenschaften anstreben.

Ambition im Hinblick auf das eigentliche Ziel, das zumindest in Deutschland (anders als in Frankreich) Privatanlegende mehrheitlich voraussetzen, nämlich, dass ihre nachhaltige Geldanlage letztendlich konkrete ökologische oder soziale Veränderungen in der Realwirtschaft herbeiführt. Diese Ambition, die allerdings nicht immer mit der Intention realwirtschaftlicher Veränderungen einhergeht, ist vor allem aus den Produkteigenschaften ableitbar. Also den verschiedenen Anlagestilen, die mittels einer großen Auswahl an Werkzeugen zur Umsetzung von (mehr) Nachhaltigkeit in Portfolios angewendet werden. So kommen für die Konstruktion eines nachhaltigen Investmentportfolios in der Regel Negativ- und Positivkriterien im Investmentprozess vor, außerdem ein eventuell durch Engagement und Stimmrechtsausübung begleitender Umgang mit den Investitionsobjekten, die noch vergleichsweise hohes Potenzial zur Verbesserung ihrer Nachhaltigkeits-Performance haben.

Daraus ergeben sich verschiedene Ambitions-Niveaus, die mittels einer breiten Produktpalette nachhaltiger Geldanlagen Gestalt annehmen. Das Verständnis um diese Ziele ist zentral, um Irreführungs-Vorwürfe besser einschätzen zu können. Oft dreht es sich bei nicht selten effekthascherisch aufgebauschten Anschuldigungen um eine vermeintliche Wirkung des angeprangerten Finanzprodukts. So gibt es Stimmen aus dem Verbraucherschutz, die fordern, dass „Anlagen nur als nachhaltig bezeichnet werden sollten, wenn sie einen messbaren Beitrag zu Nachhaltigkeitszielen leisten“. Dabei gibt es viele nachhaltige Finanzprodukte, die primär gar kein Wirkungsversprechen abgeben und sich selbst auch gar nicht als Impact-Fonds sehen, da sie entweder rein ethisch-moralisch motivierte Ausschlusskriterien anwenden, um beispielsweise den Wohlfühlfaktor bestimmter Nachhaltigkeits-Anlegenden zu befriedigen. Oder aber in nachhaltige Themen beziehungsweise sich transformierende Unternehmen investieren, um durch die positiven Umwelt- und Sozialeffekte, den die Unternehmen beziehungsweise deren Produkte und Dienstleistungen selbst erzielen, einen finanziellen Vorteil zu erwirtschaften.Wieder andere nutzen ESG-Kriterien, um die finanziellen Chancen und Risiken, die sich aus Nachhaltigkeitsherausforderungen ergeben, im Rahmen einer klassischen Rendite-Risiko-Optimierung, besser integrieren zu können. Dass es damit über die verschiedenen Wirkungskanäle zu indirekten und erfreulichen Nebeneffekten im Sinne einer Nachhaltigkeits-Verbesserung kommen kann, ist unbestritten, jedoch ist es nicht das primäre Ziel dieser Produkte, auf Wirkung hinzuarbeiten. Darum Augen auf beim Fondskauf, damit enttäuschter Erwartungshaltung vorgebeugt werden kann.

ROLAND KÖLSCH

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