Die Arbeitslosigkeit ist bisher stabil, während die Importpreise stark gefallen sind und dem Schweizer Konsumenten zu einer grösseren Kaufkraft verholfen haben. Diese vorteilhaften Entwicklungen werden von der gfs-Umfrage ebenfalls bestätigt. 51% der Befragten glauben, dass der Schweizer Konsument von der Aufhebung der Untergrenze profitiert. Hingegen denken nur 39% der Wahlberechtigten, dass eine Arbeitsplatzverlagerung zu befürchten ist – 45% teilen diese Befürchtung nicht. Auch um ihre Arbeitsplätze scheinen sich die Schweizer Haushalte kaum Sorgen zu machen. Sahen im letzten Herbst noch 10% der Wahlberechtigten die Arbeitslosigkeit als das dringendste Problem an, welches die Politik zu lösen hat, waren es in diesem März nur noch 5%.
Wird sich diese vorteilhafte Entwicklung für die Schweizer Haushalte fortsetzen und damit der Support für die SNB? Wahrscheinlich ist das nicht, daher ist es auch noch zu früh, die Entscheidung der SNB von Mitte Januar als Erfolg zu werten. Der letzte Woche veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für die Schweizer Industrie muss als ein erstes Warnsignal angesehen werden. Zum dritten Mal in Folge verweilte der Index unter der 50-Marke, die auf eine Schrumpfung der Industrie hinweist. Die Stimmung in der Schweizer Industrie legt nahe, dass sich das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr stark abgeschwächt hat. Möglicherweise steckt die Schweiz bereits in einer Rezession, nur merken wir bisher noch nichts davon, denn die Auswirkungen einer Rezession sind nur mit einer Verzögerung spürbar. So dürfte eine Abschwächung der Wirtschaftsdynamik in der ersten Hälfte des Jahres erst in der zweiten Jahreshälfte im Arbeitsmarkt zu sehen sein. Die Arbeitslosigkeit kann sich von einem Niveau von knapp über 3% heute gegen 4% zu Jahresende bewegen. Sollte dieses Szenario eintreffen, werden sich die Schweizer Haushalte wieder vermehrt Sorgen um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze machen. Das heisst noch lange nicht, dass sie ihre Meinung zur Aufhebung der Untergrenze revidieren. Die Frage, ob die Nationalbank im Januar richtig entschieden hat, dürfte dannzumal aber wesentlich schwieriger zu beantworten sein als heute.“
Von ALESSANDRO BEE, Ökonom, Bank J. Safra Sarasin AG