Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) wirkt sich massiv auf die Pensionsverpflichtungen deutscher Unternehmen aus. Im Jahresverlauf 2014 stiegen die Verpflichtungen der DAX-Konzerne um 29,1 Prozent von 303 Milliarden Euro auf 391,7 Milliarden Euro. Die Pensionsverpflichtungen der im MDAX gelisteten Unternehmen stiegen von 50,4 Milliarden Euro auf 65,2 Milliarden Euro, ein Plus von 29,3 Prozent auf Jahressicht.
Grund für diesen starken Anstieg ist der Verfall des Rechnungszinses, der die zentrale Berechnungsbasis für die Berechnung der Pensionsverpflichtungen aus den zukünftig erwarteten Auszahlungen an die Betriebsrentner bildet. Der Rechnungszins fiel im Jahresverlauf um 155 Basispunkte auf 2,10 Prozent. Ende 2013 lag der Wert noch bei 3,65 Prozent. „Die Ursache für den bestehenden Druck auf die Pensionsverpflichtungen lässt sich in zwei Worten zusammenfassen: Mario Draghi“, sagt Dr. Thomas Jasper, Leiter des Beratungsbereichs Retirement Solutions bei Towers Watson. „Die ultralockere Geldpolitik der EZB drückt den Rechnungszins nach unten, was zu steigenden Kosten für die betriebliche Altersversorgung führt. Das belastet direkt und in erheblichem Umfang das Eigenkapital der Unternehmen.“
Ausfinanzierungsgrade gehen zurück
Im vierten Quartal 2014 hat sich diese Dynamik nochmals verschärft. So fiel der Rechnungszins in den letzten drei Monaten des Jahres um 59 Basispunkte. Im dritten Quartal betrug der Rückgang 38 Zähler. Parallel dazu legten die Pensionsverpflichtungen der DAX-Konzerne im Schlussquartal um 9,46 Prozent, die der MDAX-Unternehmen um 9,48 Prozent zu – jeweils rund 3,2 Prozentpunkte mehr als im Vorquartal.
Durch die niedrigen Zinsen gehen auch die Ausfinanzierungsgrade der Planvermögen zurück. Der Ausfinanzierungsgrad zeigt das Verhältnis von Pensionsverpflichtungen und den Finanzmitteln, die zu ihrer Erfüllung zurückgestellt werden. Die Planvermögen der DAX-Unternehmen erreichten zum Jahresende 2014 einen Ausfinanzierungsgrad von 54,5 Prozent. Das ist ein Rückgang um 10,8 Prozentpunkte auf Jahressicht. Bei den MDAX-Planvermögen fiel das Minus mit 8,4 Prozentpunkten etwas moderater aus. Zum Jahresende 2014 lag ihr Ausfinanzierungsgrad bei 43,0 Prozent.
„Die deutlich gefallenen Ausfinanzierungsgrade der Pensionsvermögen sind eine Momentaufnahme des Drucks, den die niedrigen Zinsen zum Stichtag auf die Pensionsverpflichtungen ausüben. Das ist eine Belastung für die Unternehmen, aber keine Gefährdung für die Betriebsrenten“, betont Dr. Jasper. „Die Pensionsverpflichtungen der Unternehmen werden erst in Jahren, oftmals Jahrzehnten fällig. Auf mittlere bis lange Sicht ist mit steigenden Zinsniveaus zu rechnen. Zudem garantieren weitere Sicherungsmechanismen die Pensionszusagen für die Mitarbeiter.“
Robustes Wachstum der Planvermögen
Zudem konnten die Unternehmen in DAX und MDAX ihre Planvermögen auch im bestehenden Niedrigzinsumfeld weiter steigern. Die Pensionsrückstellungen der DAX-Konzerne betrugen Ende 2014 213,5 Milliarden Euro. Damit legten sie im Jahresverlauf um 7,7 Prozent zu (Ende 2013: 198,2 Milliarden Euro). Für die MDAX-Planvermögen ging es um 8,1 Prozent auf 28,0 Milliarden Euro nach oben (Ende 2013: 25,9 Milliarden Euro). Daneben kann davon ausgegangen werden, dass die Planvermögen durch außerplanmäßige Dotierungen der Unternehmen über die hochgerechneten Werte hinaus erheblich zugelegt haben.
Trotz des herausfordernden Kapitalmarktumfelds erzielten die Unternehmen beachtenswerte Renditen für ihre Pensionsvermögen. Sie betrug im vierten Quartal bei den DAX-Konzernen 2,14 Prozent, bei den MDAX-Unternehmen 2,11 Prozent. Auf Jahressicht betrug die Rendite auf das Planvermögen im DAX 10,2 Prozent, im MDAX 9,9 Prozent.
„Die Unternehmen stemmen sich sehr erfolgreich gegen die schwierigen Marktbedingungen. Dies gelingt ihnen umso besser, je stärker Verpflichtungen und Assets aneinander ausgerichtet sind“, sagt Dr. Jasper. „An dieser Stelle haben kapitalmarktorientierte Pensionszusagen besondere Vorteile. Bei ihnen sind die Verpflichtungen und die Rückstellungen synchronisiert, Schwankungen verlaufen parallel. Damit lassen sich die Auswirkungen von Kapitalmarktverwerfungen auf das Eigenkapital weitgehend vermeiden.“



