Investmentfonds

Börse: „Korrekturen sind unangenehm, aber notwendig“

Die Kurseinbrüche an den chinesischen Börsen zu Beginn des neuen Jahres haben die Sorgen vieler Investoren vor einer deutlichen Konjunkturabkühlung im Reich der Mitte geschürt. Nach dem jahrelangen Boom der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt rechnen Pessimisten im schlimmsten Fall sogar mit einer harten Landung der Wirtschaft. Im Sog dieser Unsicherheiten gaben die Aktienkurse und die Preise vieler Rohstoffe rund um den Globus nach.

In Europa erlebten die Aktienkurse sogar den schlechtesten Start seit der Jahrtausendwende. Viele Indizes dort haben ihre Vorjahresgewinne zeitweise komplett abgegeben. Müssen sich die Anleger nun auf ein „Horror-Börsenjahr“ gefasst machen? Dafür sieht Serge Pépin, Experte für europäische Aktien bei BMO Global Asset Management, im Moment keinen Anlass. Im Gegenteil: „Es gibt bereits einige Silberstreifen am Horizont“, sagt er. Welche das sind, erläutert Pépin im Interview.

Herr Pépin, der Start des Börsenjahres scheint fast wie ein Déjà-vu zu 2008. Sind die weltweiten Kurseinbrüche in den vergangenen Wochen der Anfang eines Bärenmarktes?

Serge Pépin: Nein, damit rechnen wir bei allen Unsicherheiten nicht. Zunächst einmal wiederholt sich Börsengeschichte nicht automatisch – vor allem nicht in einem makroökonomischen Umfeld, das sich von der Situation 2008 deutlich unterscheidet. Bullenmärkte enden nur selten, ohne dass sich eine Rezession abzeichnet beziehungsweise folgt. Danach sieht es zur Zeit aber nicht aus. Die Dynamik der Weltwirtschaft ist sicherlich gedämpft, aber die Wirtschaft entwickelt sich weiter positiv. Und im Moment gibt es keine ernsthaften Anzeichen dafür, dass die Weltkonjunktur unter Druck kommt. Die Anleger sollten sich zudem daran erinnern, dass kurzfristige Korrekturen von fünf bis zehn Prozent bei den wichtigen Indizes immer wieder vorkommen. Sie sind keine Seltenheit, sondern normale und letztlich auch wünschenswerte Entwicklungen.

Warum sind solche scharfen Kursrücksetzer wünschenswert?

Pépin: Sie sind aus Sicht der Anleger zweifellos unangenehm, aber dennoch notwendig für einen effizienten und gut funktionierenden Aktienmarkt – das sagen wir vor dem Hintergrund unserer langjährigen Erfahrung und unseres disziplinierten Anlageansatzes. Denn sie reflektieren die Risikoprämie, die die Investoren bei der Anlage in Aktien gegenüber dem risikolosen Zinssatz sicherer Anlagen erzielen. Bedauerlicherweise lässt sich im Moment nicht abschätzen, ob die Abwärtsphase bereits ausgestanden ist oder es vielleicht noch weiter bergab geht. Für viele Anleger ist das sicherlich eine Nervenprobe. Als jemand, für den das Glas eher halbvoll als halbleer ist, sehe ich allerdings auch Silberstreifen am Horizont.

Welche denn?

Pépin: Die Spreads von Hochzinsanleihen sind in der jüngsten Korrekturphase am Aktienmarkt nicht nach oben gegangen. Eher umgekehrt sind sie sogar noch etwas zurückgekommen, allerdings bewegen sie sich immer noch auf hohem Niveau. Was ebenfalls Anlass zu Hoffnung gibt: Der Goldpreis ist zu Beginn des neuen Jahres lediglich leicht gestiegen – und das, wo doch das gelbe Edelmetall üblicherweise den Ruf als sicherer Anlagehafen in Krisenzeiten genießt.

Dennoch dominieren weiterhin Unsicherheiten und Risiken die Informationslage. Vor allem aus China sind zuletzt eher schlechte Nachrichten gekommen. Welche Ansteckungsgefahren für die Weltwirtschaft gehen von dem Land aus?

Pépin: Zunächst einmal ist es natürlich eine Illusion zu glauben, dass die Probleme des Landes mit dem Abschluss des alten Jahres gelöst seien. China ist und bleibt im Moment zweifellos ein Unsicherheitsfaktor – und zwar ökonomisch als auch politisch. Das Land ist der weltgrößte Verbraucher von Energie, Metallen und Weizen. Eine Verlangsamung des Wachstums der Volkswirtschaft hätte erhebliche Auswirkungen auf den Rest der Welt. Dazu kommt, dass in den vergangenen Wochen bei vielen Beobachtern der Eindruck entstanden ist, dass die Regierung und alle anderen führenden politischen Kräfte erkennbare Schwierigkeiten haben, die lahmende Wirtschaft unter Kontrolle zu bekommen und die Konjunktur zu beleben. Zudem haben auch die massiven Markteingriffe an den heimischen Börsen bislang nicht den Erfolg gebracht, den sich die Regierung erhofft hat. Wahrscheinlich haben sie eher im Gegenteil die Situation noch verschlimmert. Jedenfalls haben die von den Aufsichtsbehörden eilig eingeführten neuen Handelsregeln, nach denen der Handel für den Rest des Tages ausgesetzt wird, wenn eine bestimmte Verlustmarke überschritten ist, die Abwärtsbewegung der Kurse nicht stoppen können.

Wie haben Sie Ihre Fonds durch die jüngsten Börsenturbulenzen gesteuert?

Pépin: Ich denke, es ist nachvollziehbar, dass bei einer solch marktübergreifenden Abwärtsbewegung trotz unseres disziplinierten Anlageansatzes nur wenige Positionen von Verlusten verschont blieben. Bemerkenswert ist aber, dass sich zum Beispiel der F&C European Large Cap- und der Small Cap-Fonds in der ersten Woche jeweils besser als ihre Benchmark entwickelt haben. Zusätzlich dazu konnten wir mit einzelnen Fonds einige Sondersituationen ausnutzen. Insgesamt haben sich daher unsere Fonds in der Mehrheit ganz achtbar geschlagen.

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