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Brexit: Ist Ihr Unternehmen vorbereitet?

Am 23. Juni 2016 entscheiden die Briten über einen Austritt ihres Landes aus der EU. Laut Umfragen ist der Ausgang des Volksentscheids völlig offen. Würden die EU-Gegner die Abstimmung für sich entscheiden, könnte Großbritannien als erster Staat aus der Europäischen Union ausscheiden. Die wirtschaftlichen Folgen dieses Szenarios sind immens.


Großbritannien ist einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands, zahlreiche deutsche Unternehmen unterhalten dort Standorte – ein Brexit hätte massiven Einfluss auf deutsche Unternehmen. Rechtliche Rahmen für Verträge, Besteuerungen, oder auch die einfache Geschäftsreise, bei der Vorbereitung auf dieses mögliche Szenario gilt es viel zu berücksichtigen.

Recht und Verträge
Bereits jetzt sind Bereiche auszumachen, die im Falle eines EU-Austritts Großbritanniens betroffen wären. Hierzu gehören Regelungen im Kapitalmarkt sowie Bereiche beim Handelsrecht, Wettbewerbsrecht, dem Geistigen Eigentum, Datenschutz, Arbeitsrecht oder Umweltrecht. Ein weiteres Gebiet, das aller Wahrscheinlichkeit nach von starken Änderungen betroffen wäre, ist das Vertragsrecht: Vertragspartner könnten auf Grundlage existierender Klauseln Anpassungen oder die Loslösung von Verträgen anstreben. Eine individuelle Prüfung von Unternehmen und deren rechtlichen Rahmenbedingungen ist daher umso wichtiger.

Zölle und Steuern
Mit einem Austritt Großbritanniens würde das Land nicht mehr zum Gemeinschaftsgebiet der EU gehören – das hätte Auswirkungen auf gesetzliche Bestimmungen wie EU-Richtlinien; beispielsweise würde die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht mehr gelten, was wiederum Folgen für Unternehmen mit Warenlieferungen und Dienstleistungsverkehr aus und nach Großbritannien hätte. Außerdem wäre der Bereich der Vorsteuervergütungsverfahren und Wareneinkäufe in Großbritannien betroffen sowie Warentransporte von einem Unternehmensteil derselben rechtlichen Einheit aus Großbritannien zu einem anderen Unternehmensteil in Deutschland (und andersherum). Im Falle eines Brexits würde außerdem der europäische Zollkodex nicht mehr direkt gelten – zollrechtliche Auswirkungen wären die Folge. Unternehmen müssten generell vor allem bei Prozessen in den Lieferketten, IT-Einstellungen, der Rechnungsstellung, der Preisgestaltung oder bei zollrechtlichen Bewilligungen Anpassungen vornehmen.

Weiterhin muss mit möglichen steuerlichen Konsequenzen gerechnet werden: EU-Richtlinien und staatliche Beihilferegelungen, die derzeit positive Auswirkungen auf die steuerliche Position von internationalen Konzernen haben, könnten wegfallen. Nicht mehr anwendbar würden sein: die Fusionsrichtlinie, die Mutter-Tochter-Richtlinie, die Zins- und Lizenzrichtlinie sowie die Richtlinie über die Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der Besteuerung. Formal wäre Großbritannien nicht mehr an diese EU-Richtlinien gebunden. Inwieweit das Land jedoch ein Interesse hat, im Brexit-Fall einige EU-Harmonisierungen beizubehalten, ist derzeit nicht abzusehen. Da für Unternehmen bestimmte Erleichterungen wegfallen würden, sollten Unternehmen bereits zeitnah Vorbereitungen und Vorkehrungen treffen, beispielsweise bei der Hinzurechnungsbesteuerung, im Umwandlungssteuerrecht oder bei der Erstattung der Kapitalertragssteuer.

Mitarbeiterentsendung
Einreise, Aufenthalt, Erwerbstätigkeit: Bürger der Europäischen Union genießen weitreichende Privilegien in den EU-Mitgliedstaaten. Ein Brexit würde sich auf diese Privilegien und somit auf aufenthalts-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Fragestellungen auswirken – die Arbeitnehmerfreizügigkeit und damit der Bereich der internationalen Mitarbeiterentsendung von Unternehmen wären betroffen. Änderungen beim Aufenthaltsrecht wären ebenfalls möglich, hier werden Vereinbarungen im Austrittsabkommen entscheidend sein.

In jedem Falle würde ein Brexit bedeuten, dass sämtliche Abkommen der EU mit Großbritannien neu geregelt werden müssten. In diesem Falle ist davon auszugehen, dass sich die Neugestaltung sämtlicher Rechtsverhältnisse und Abkommen über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte hinziehen würde. Zieht man als Vergleich die Abstimmung zur Selbstverwaltungsordnung Grönlands aus dem Jahre 2008 heran, so hat die Neugestaltung der Handelsabkommen mit der Europäischen Union bereits drei Jahre gedauert – obwohl es damals nur um Fisch ging.

Nils Lennard Behrens

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