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J.P. Morgan: Gehen 14 Jahre Bullenzyklus beim US-Dollar zu Ende?

Boom des US-Dollars dank des „US-Exzeptionalismus“. Schattenseite der Dollarstärke: hohes Handelsbilanzdefizit. Währungsgesicherte Strategien helfen, Dollarrisiko zu mindern

Nach einem 14-jährigen Bullenzyklus, der den Amerikanern einen enormen Kaufkraftschub bescherte, scheint die Stärke des US-Dollars zu wanken. Seit dem Jahreshoch im Januar dieses Jahres von 1,02 US-Dollar für den Euro ging es für den Greenback steil bergab. Ist das nun der Anfang vom Ende des US-Dollar-Bullenzyklus? Aus Sicht von Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, ist die US-Regierung drauf und dran, den Stellenwert des US-Dollars zu erschüttern: „Die US-Regierung legt mit ihrer protektionistischen Handelspolitik die Axt an den 14 Jahre dauernden US-Dollar-Bullenzyklus. Sollte durch weitere Maßnahmen auch der institutionelle Rahmen der USA beschädigt werden, droht der US-Dollar auch bei seinem Status als sicherer Hafen Schaden zu nehmen“, erklärt Galler. Für Anlegerinnen und Anleger könnte es nun sinnvoll werden, das Dollarrisiko in den Portfolios zu überprüfen.

Drei Faktoren trieben Boom des US-Dollars

Die langanhaltende Attraktivität des US-Dollars wurde maßgeblich von drei Faktoren getragen: Wirtschaftswachstum, Zinspolitik und dem Status als Weltreservewährung. Nach der Finanzkrise hatte es die US-Wirtschaft aus Sicht von Ökonom Tilmann Galler besser als die anderen G7-Volkswirtschaften geschafft, ein hohes Realwachstum des BIP zu erreichen und die Arbeitslosigkeit massiv zu reduzieren. Die globale Führerschaft in IT und Digitalisierung, Energieunabhängigkeit und die erfolgreiche Konsolidierung der Finanzbranche trugen zur Wirtschaftsdynamik bei. „Damit war der US-Dollar attraktiv für globales Kapital und Investitionen“, so der Stratege.

Auch die Zinspolitik der Fed spielte bei der Aufwertung des US-Dollars eine wichtige Rolle. Mitte der 2010er-Jahre begann sie mit einer Reihe von Zinserhöhungen, die Vertrauen in die Nachhaltigkeit der US-Erholung signalisierten. „Diese Zinserhöhungen führten dazu, dass festverzinsliche US-Anlagen für globale Anleger attraktiver als andere Währungen wurden, was die Nachfrage nach dem Dollar weiter befeuerte“, führt Galler aus.

Ein dritter Faktor für die anhaltende Stärke war der Ruf des US-Dollars als sicherer Hafen und weltweit primäre Reservewährung. „Die politische Stabilität der USA und die robusten institutionellen Rahmenbedingungen führten bei Ereignissen wie der europäischen Schuldenkrise, dem Brexit und dem Krieg in der Ukraine zu starker Nachfrage durch internationale Investoren“, erklärt Galler.

Das Ausmaß der Dollar-Überschussnachfrage wird anhand der internationalen Nettoanlageposition der USA deutlich: Bis Ende 2024 haben Ausländer 25 Billionen US-Dollar mehr in den USA investiert als umgekehrt. Zu Beginn des Aufwertungszyklus aufgrund des Zinsvorteils waren verstärkt Rentenpapiere gefragt – danach standen immer mehr Aktien im Fokus.

Schattenseite der Dollarstärke: hohes Handelsbilanzdefizit

Die Dollarstärke hatte gleichwohl auch Schattenseiten: „Erstens verlor das amerikanische verarbeitende Gewerbe an internationaler Konkurrenzfähigkeit, was das Handelsbilanzdefizit zementierte. Zweitens führte die einfache Verfügbarkeit von Finanzierungskapital parteiübergreifend zu einer nachlassenden Haushaltsdisziplin“, erklärt Kapitalmarktexperte Galler. In der Folge haben Steuersenkungen und eine aktive Konjunkturpolitik die Staatsverschuldung in den letzten 10 Jahren von 95 auf 120 Prozent des BIP anschwellen lassen und zugleich die heimische Nachfrage erhöht. Das steigerte wiederum die Nachfrage nach Importen, was das Handelsbilanzdefizit weiter vergrößerte.

Dieser Entwicklung möchte die US-Regierung mit Hilfe von Zöllen begegnen, indem die Importnachfrage gesenkt und Produktion in die USA zurückgebracht werden sollen. Die Nachteile dieser Politik sind für die US-Wirtschaft bereits offensichtlich: „Die Stimmung in der Privatwirtschaft kippt und die USA büßen ihren Wachstumsvorsprung ein. Die betroffenen Handelspartner erhöhen ihrerseits die Staatsausgaben, um die negativen Effekte zu mildern“, sagt Tilmann Galler. Die US-Regierung fordert nun, dass die US-Notenbank trotz inflationärer Wirkung der Zollpolitik die Zinsen senken solle, um das Wachstum zu stützen – und die Attraktivität des US-Dollars zu senken.

Währungsgesicherte Strategien, um Dollarrisiko zu mindern

Aus Sicht von Tilmann Galler droht dem „teuersten“ US-Dollar seit 1986 der Absturz falls die Nachfrage weiter einbricht. Den boomenden Goldpreis und den Erfolg von Kryptowährungen sieht Galler bereits als deutliche Warnsignale.

Ob Präsident Trump diesen risikoreichen Weg der Handelspolitik konsequent weitergehen will, sei äußerst ungewiss – nur weil aktuell die Zolldrohungen gegen China oder Europa ausgesetzt sind, sei die Gefahr noch nicht gebannt. „Für die Anlageportfolien bedeutet das, einen kritischen Blick auf die US-Dollar-Positionierung zu werfen“, betont Tilmann Galler. Bei globalen Aktien ist der Anteil in den letzten 14 Jahren von 40 Prozent auf 66 Prozent gestiegen. „Die stärkere Nutzung von in Euro währungsgesicherten Strategien kann helfen, das Dollarrisiko zu mindern“, fasst Galler die Situation für Anlegerinnen und Anleger zusammen.

Tilmann Galler, Managing Director, CEFA/CFA, arbeitet als globaler Kapitalmarktstratege für die deutschsprachigen Länder bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt. Als Teil des globalen „Market Insights“-Teams erstellt und analysiert er auf Basis von umfangreichem Research Informationen rund um die globalen Finanzmärkte und leitet Implikationen für Investmentstrategien ab. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung in der Finanzbranche und war zuvor unter anderem auch als Portfolio Manager tätig. www.jpmorganassetmanagement.de/deu/marketinsights

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