Mit der Bereitschaft «unlimitiert» kurzfristige Anleihen der Peripherie-Länder am Sekundärmarkt zu kaufen, hat die EZB den wichtigsten Punkt aus Sicht der Finanzmärkte erfüllt und damit ihre größte Waffe zur Verfügung gestellt. Obwohl diese Panzerfaust noch nicht über Munition verfügt, da die Länder zuerst bei der EU um Hilfe bitten müssen, schreckt sie doch die Angreifer ab. Auch die Fed hat die Märkte positiv überrascht. Nach dem Entscheid, den Zeithorizont für niedrige Zinsen bis Mitte 2015 zu verlängern und ein zeitlich unlimitiertes neues Anleihen-Kaufprogramm (QE3) aufzulegen, hoffen die Anleger auf eine ähnliche Wirkung wie bei QE1 oder QE2.
Der Aktienmarkt hat nun bereits einiges vorweggenommen. Im Unterschied zu früheren monetären Stimuli scheint die Fed dieses Mal präventiv gehandelt zu haben. Die jüngsten Wirtschaftsdaten waren nämlich eher gemischt als schlecht. Der Fed-Entscheid kam im Gegensatz zu QE1 und QE2 nicht an einem Tiefpunkt in den Märkten, sondern hat zusätzliches Öl in das Feuer der bereits laufenden Rallye gegossen. Da die Aktienkurse in die Höhe schnellten, während die Gewinnschätzungen mehrheitlich fallen, stieg das Kursgewinnverhältnis (KGV) der Märkte an die obere Bandbreite der Nachkrisenzeit. Mit einem KGV von knapp 13 sind US-Aktien nicht mehr günstig bewertet. Gleiches gilt für den europäischen Markt, auf dem die Dividendenrendite deutlich unter den Fünfjahresschnitt gefallen ist.
Um die bestehenden Bewertungsbandbreiten der Nachkrisenzeit zu überwinden, müsste es zu einer großangelegten Reallokation von Anleihen oder Geldmarktanlagen in Aktien kommen. Die Vergangenheit zeigt, dass Anleger meist erst von einer erfolgreichen Anlageklasse in eine andere wechseln, wenn sich die Vorzeichen ändern. Sobald man mit Anleihen Geld verlieren würde, käme es zu einer signifikanten Umschichtung. Die beste Indikation dafür wären steigende Zentralbankzinsen, was vor 2015 unwahrscheinlich ist. Die Bank Sarasin sieht daher trotz QE3 kaum noch Aufwärtspotenzial für die Aktienmärkte. Die Rallye der letzten Monate dürfte sich stark verlangsamen, und das Risiko einer Korrektur steigt aus Bewertungssicht langsam an.