Wirtschaft

Sutor Bank: Vom risikolosen Zins zum zinslosen Risiko – Sparer sollten ihre Anlagestrategie nicht an Zinspolitik ausrichten

Zinswende in den USA ausgesetzt – auch in Europa keine Aussicht auf Zinserhöhungen

Bru-nO / Pixabay


An den Kapitalmärkten hat das Jahr 2019 bislang einige positive Überraschungen bereitgehalten: Anleihen haben sich gut entwickelt, Aktien verzeichneten mit einem Plus von über 10 Prozent einen fulminanten Jahresauftakt. Doch gerade sehr sicherheitsorientierten Anlegern, die auf einen möglichst risikolosen Zins setzen, dürfte die Vorfreude auf höhere Sparzinsen inzwischen wieder vergangen sein: Nach der Ankündigung der Fed, dass es in diesem Jahr keine Zinserhöhungen mehr geben soll, sind die Hoffnungen vieler Sparer zunichte – wobei in Europa noch nicht einmal mit einer Zinserhöhung begonnen wurde.
„Aus dem risikolosen Zins ist längst ein zinsloses Risiko geworden“, sagt Lutz Neumann, Leiter Vermögensverwaltung der Hamburger Sutor Bank. Anleger sollten sich generell freimachen vom Spekulieren über die weitere Zinspolitik. Die Abkehr der Fed von ihrer nur kurz andauernden Zinserhöhungspolitik zeige die Unberechenbarkeit der Entwicklungen. „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und damit einhergehend die Zinspolitik der Notenbanken können sich jederzeit aufs Neue verändern – wer versucht, seine Anlage daran auszurichten, verpasst Rendite. Anleger sollten angesichts des zunehmenden zinslosen Risikos ihr Portfolio deutlich stärker mit einem renditeorientierten Investment durchmischen. Und das ist nach wie vor die Aktie“, sagt Lutz Neumann. Grundsätzlich sollten jedoch auch festverzinsliche Wertpapiere in jedem Vermögensmix vertreten sein. Mit einem klassischen Aktien-Anleihen-Portfolio seien Anleger langfristig gut aufgestellt, unabhängig von kurzfristig sich verändernden Marktsituationen. Unternehmensanleihen böten sich beispielsweise zur Beimischung von Aktien weltweit an.

Unsicherheit weltweit bestimmt auch weiterhin die Märkte

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zeigen aktuell sehr deutlich, dass mit weiterhin viel Unsicherheit zu rechnen ist und eine darauf abgestellte Anlagestrategie kaum möglich ist.
Mit Blick auf das Wirtschaftswachstum in Europa beispielsweise sind die Volkswirte eher skeptisch. Für den Euro-Raum erwarten sie in diesem Jahr gerade einmal 0,9 Prozent Wachstum. Damit bildet Europa weltweit gesehen das Schlusslicht bei den Wachstumsprognosen (USA: 2,5 %, Japan: 1,2 %, China: 6,3 %). Für Deutschland rechnen die Experten nur noch mit 0,6 Prozent, nachdem sie vormals noch 1,2 Prozent Wachstum vorausgesagt hatten. Italien könnte nach ihren Schätzungen sogar in eine leichte Rezession abrutschen. „Die Gründe für die zurückhaltenden Prognosen sind vielfältig. Größte Unsicherheitsfaktoren sind nach wie vor die ungeklärte Brexit-Frage sowie der Handelsstreit zwischen den USA und China“, erklärt Lutz Neumann.
Hinsichtlich möglicher US-Importzölle gegen europäische Autobauer könnte es allerdings zu einer Beruhigung aus den USA selbst kommen: „Da selbst die amerikanische Automobilindustrie, der Trump den Rücken stärken will, wenig davon hält, bleibt fraglich, ob Trump diese Maßnahme umsetzen wird“, sagt Lutz Neumann. Nach acht Monaten Handelskrieg zwischen den USA und China wird zudem allseits erwartet, dass es nun zu einer Einigung kommen wird, die weitere Zollanhebungen verhindert.

Deutschland: eingetrübte Aussichten, doch Arbeitsmarkt bleibt robust

Auch in Deutschland gibt es weiterhin eine hohe Unsicherheit über die weitere Entwicklung. Der Start ins Jahr 2019 verlief für die deutsche Wirtschaft eher verhalten. Speziell in der Industrie verringerte sich im Januar die Produktion deutlich. Auch die Auftragseingänge in der Industrie sind rückläufig. Dennoch vermeldet das Münchner ifo-Institut zum ersten Mal seit sechs Monaten einen steigenden ifo-Geschäftsklimaindex und damit eine positivere Stimmung in den Chefetagen der Wirtschaft. Aktuelle Lage sowie Einschätzungen für das künftige Geschäft werden von den befragten Unternehmen günstiger bewertet. Hingegen bricht die Exportstimmung bei den deutschen Unternehmen im März ein – die abkühlende Weltkonjunktur macht der deutschen Exportindustrie zu schaffen. In der Automobilbranche werden Exportrückgänge erwartet und im Maschinenbau keine Zuwächse. Nur die Chemie- und die Elektroindustrie gehen von Auftragszuwächsen aus.

Der Arbeitsmarkt bleibt jedoch robust gegenüber der konjunkturellen Abschwächung: Die Arbeitslosigkeit ist zurückgegangen, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bleibt auf Wachstumskurs, und die Nachfrage der Betriebe nach neuen Mitarbeitern befindet sich auf sehr hohem Niveau. „Die aktuellen Entwicklungen sorgen dafür, dass die Verbraucher auch zukünftig bereit sind, ihr Geld auszugeben – zumal das Sparen aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase keine attraktive Alternative darstellt“, erklärt Lutz Neumann.

Abkehr von der Zinswende: Zinsen werden noch längerfristig tief bleiben

Das schwache Wirtschaftswachstum in der Eurozone, der nachlassende Inflationsdruck sowie die aufkommenden Zweifel an der Haushaltsdisziplin der Italiener und Franzosen zwingen die EZB zu einer weiteren Verschiebung der Zinswende. „Am Markt herrscht Einigkeit: Die Zinsen sind tief und werden es wohl noch länger bleiben“, stellt Lutz Neumann fest. Deutsche Bundesanleihen mit einer Laufzeit von bis zu 10 Jahren rentieren negativ. In den USA machen sich nicht nur Analysten und Unternehmen Sorgen über einen bevorstehenden Abschwung. Die Maßnahme der Fed, vorerst auf Zinserhöhungen zu verzichten, stützt diese Einschätzung.

An Aktien und Anleihen führt kein Weg vorbei

Der Erfolg an den Aktienmärkten lässt sich nach Ansicht von Lutz Neumann zu einem guten Teil mit den massiven Kursverlusten im November und Dezember 2018 erklären, der aber vor allem dem bemerkenswerten – und nicht erwarteten – Stimmungsumschwung in der deutschen Wirtschaft geschuldet sein dürfte. Aufgrund der andauernden unsicheren Lage an den Märkten sei ein weltweit streuender Aktienkorb sinnvoll, um Chancen rund um den Globus zu nutzen. Anleihen sind trotz der zunächst positiven Entwicklung in diesem Jahr allerdings wenig attraktiv angesichts der teilweise negativen Renditen. Gegenüber Staatsanleihen rückten Unternehmensanleihen stärker in den Fokus, wo die Renditeaussichten etwas besser seien.
„Ganz gleich, welche Entwicklungen das Weltgeschehen nimmt: Beide Anlageklassen, Aktien und Anleihen, gehören gemeinsam in ein gesundes Depot. Die einen sorgen für Rendite, die anderen für Stabilität“, sagt Lutz Neumann.

(Sutor Bank)

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