Die USA drohen mit Strafzöllen auf Produkte aus China im Wert von mindestens 50 Milliarden Dollar. Macht Präsident Trump jetzt Ernst mit seinem protektionistischen Programm oder blufft er, um den besten Deal für sich heraus zu holen? Die Welt schaut gebannt zu, denn noch ist nicht klar, wie weit Trump wirklich gehen wird. So ist die Erhebung von Zöllen auf Stahl und Aluminiumprodukte aus Europa erst einmal um einen weiteren Monat verschoben worden. Auch mit der chinesischen Führung soll weiter intensiv über die strittigen Punkte gesprochen und eine Einigung erzielt werden. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Wirkliche Erleichterung wollte auch in Europa in der vergangenen Woche nicht aufkommen.
USA und China brauchen einander
China ist mittlerweile der wichtigste Handelspartner der USA. Allerdings überstiegen die Importe der USA aus China die Exporte in die Volksrepublik im Jahr 2017 um etwa 380 Milliarden Dollar. Das ist der mit Abstand größte Fehlbetrag, den die USA aus dem Handel mit einem anderen Land erzielen. Für China wiederum sind die USA der mit Abstand wichtigste Exportmarkt. Fast 20 Prozent der chinesischen Exporte gehen in die USA. Strafzölle würden die chinesische Wirtschaft stärker treffen als Gegenmaßnahmen in gleicher Höhe die amerikanische Wirtschaft. China hat deshalb gegenüber den USA eine vergleichsweise schlechte Verhandlungsposition und wird sichtbare Zugeständnisse machen müssen, um einen Handelskrieg zu vermeiden. Zu weit können die USA jedoch auch nicht gehen, denn in einigen wichtigen Industriezweigen wie der Elektroindustrie oder dem Maschinenbau ist man in hohem Maße auf (chinesische) Importe angewiesen. Weil diese Importe kurzfristig nicht aus heimischer Produktion ersetzt werden könnten, würde man sich mit Strafzöllen, die zu deutlich steigenden Importpreisen führen, selbst schaden. Aufgrund der gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten sind sowohl China als auch die USA daran interessiert, einen offenen Handelskrieg zu vermeiden. Kurzfristig droht also keine Eskalation der Streitigkeiten. Wahrscheinlich erscheint die wechselseitige Erhebung von Zöllen in einem Umfang, der den Welthandel zwar schwächt, aber nicht grundsätzlich beeinträchtigt.
Welthandel verliert seit Jahren an Tempo
Langfristig behält das Thema Protektionismus jedoch hohe Relevanz. Erstens spiegelt der Handelskonflikt eine grundsätzliche Rivalität zwischen den USA als „alter“ und China als aufstrebender Supermacht wider: Eine dauerhafte Beilegung von Streitigkeiten wird es deshalb nicht geben. Zweitens lässt sich bereits seit einigen Jahren und ganz unabhängig von Trump ein Trend zur Verlangsamung des Welthandels beobachten, der sich fortsetzen dürfte. Während der Welthandel in den Boomjahren zwischen 2002 und 2008 um knapp 6 Prozent pro Jahr zulegte, betrug das Wachstum in den Jahren 2011 bis 2017 nur noch knapp 2,5 Prozent. In den kommenden zehn Jahren dürfte der internationale Güteraustausch um etwa 3 Prozent pro Jahr zulegen – nur noch halb so viel wie zu Beginn des Jahrhunderts. Damit ist noch nicht das Ende der Globalisierung gekommen, aber die führenden Industrienationen müssen sich darauf einstellen, dass das Ringen um Wohlstandsgewinne härter wird.
(FERI)