Wirtschaft

Steigende Infektionsraten verlangsamen nachhaltige Erholung der Verbraucherausgaben

COVID-19 beeinflusst das Verhalten der Verbraucher in Europa nach wie vor stark. In den vergangenen sechs Monaten, seit dem Ausbruch der Pandemie, war ein starker Rückgang der Anschaffungsneigung (ab April) mit anschließender Erholung zu beobachten.

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Im September ergab sich ein eher verhaltenes und gemischtes Bild. Während Italien und Spanien im Vergleich zum Vormonat ein moderates Wachstum der Anschaffungsneigung verzeichneten, blieb diese in Frankreich und UK auf niedrigem Niveau stabil. Deutschland hingegen musste Verluste hinnehmen, doch die Ausgaben der Verbraucher halten sich weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Dies sind Ergebnisse der GfK-Studie Euro Climate vom September 2020.

COVID-19 hat Europa in eine tiefe Rezession gestürzt. Der Lockdown führte zu einem starken Rückgang der Verbraucherausgaben. „Nach dem Ende des Lockdowns und der Lockerung der Einschränkungen konnte sich die Stimmung in Europa bis zum Frühsommer erholen. Durch den erneuten Anstieg der Infektionszahlen ist diese Erholung jedoch zum Stillstand gekommen“, so Rolf Bürkl, GfK-Konsumexperte. „Die Ausbreitung oder Eindämmung der Infektionen in den kommenden Herbst- und Wintermonaten wird darüber entscheiden, ob die europäische Wirtschaft ihren Erholungskurs wieder aufnehmen kann.“

Deutschland: Stagnation nach rascher Erholung

Die Kauflust der Verbraucher in Deutschland hat sich nach dem starken Einbruch im April dieses Jahres deutlich erholt – das Vorkrisenniveau konnte jedoch noch nicht erreicht werden. Der Indikator lag im September bei 38,4 Punkten, fünf Punkte niedriger als im August. Im Vorjahresvergleich beträgt der Rückgang derzeit knapp 17 Punkte. Deutschland ist und bleibt klarer Spitzenreiter unter den untersuchten fünf größten EU-Ländern.

Nach dem Ende des Lockdowns und der damit einhergehenden Lockerung vieler Einschränkungen, z.B. der Wiedereröffnung zahlreicher Geschäfte, nahmen die Verbraucherausgaben rasch wieder zu. Umfangreiche staatliche Konjunkturpakete, beispielsweise die Senkung der Mehrwertsteuer oder der Kinderbonus, sowie die intensive Nutzung der ausgeweiteten Kurzarbeit-Regelung verhinderten einen Einbruch des Arbeitsmarktes. Dies wiederum stabilisierte den Konsum.

Italien: (Niedriges) Vorkrisenniveau fast wieder erreicht

Im Gegensatz zu Deutschland hat sich die Ausgabebereitschaft der italienischen Verbraucher im September verbessert. Der Indikator stieg um fast fünf Punkte und liegt nun bei 3,1. Im Vorjahresvergleich ist der Indikator nur leicht um drei Punkte gesunken.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Anschaffungsneigung in Italien nach Jahrzehnten der wirtschaftlichen Stagnation von einem bereits recht niedrigen Niveau in eine schwere Krise abgerutscht ist. Aufgrund der Pandemie war es im April nicht möglich, die Verbraucherstimmung in Italien zu erheben, wodurch die Schwere des Einbruchs nicht vollständig nachvollzogen werden kann. Es ist jedoch unbestritten, dass sich der Indikator im Sommer erholt und das Vorkrisenniveau fast wieder erreicht hat.
Derzeit ist der Anstieg der Infektionszahlen in Italien noch recht moderat. Neben dem disziplinierten Verhalten der Bürger hat dies sicherlich ebenfalls zu der positiven Entwicklung beigetragen. Wahrscheinlich haben viele Menschen noch immer die Bilder aus Norditalien im März und April vor Augen, als das Gesundheitssystem überlastet war und die Zahl der Todesfälle rapide anstieg.

Frankreich: Steigende Arbeitslosigkeit dämpft Verbraucherausgaben

Nach dem Schock durch das Coronavirus im April erfuhr die Anschaffungsneigung der französischen Verbraucher im Frühsommer eine bemerkenswerte Erholung. Derzeit stagniert der Indikator. Im September legte er um magere 1,2 Punkte zu und schloss damit bei -13,2 Punkten ab. Im Vorjahresvergleich ist der Indikator damit um 20 Punkte gesunken.
Die Konsumneigung stagniert seit Juli dieses Jahres. Gleichzeitig erfährt die Arbeitslosigkeit einen spürbaren Anstieg. Laut Eurostat* ist die Zahl der Arbeitslosen in Frankreich zwischen Juni und August von 1,9 auf 2,2 Millionen geklettert, ein Anstieg von etwa 16 Prozent. Da überrascht es nicht, dass die Angst vor Arbeitsplatzverlust wächst, was wiederum die Verbraucherstimmung drückt.

Ein weiterer negativer Faktor ist jüngst der deutliche Anstieg der Neuinfektionszahlen in Frankreich. Schließlich wirkt sich die allgemeine Unsicherheit auch negativ auf die Kaufbereitschaft aus.

Spanien: Kaufbereitschaft steigt, auf weiterhin sehr niedrigem Niveau

Die Anschaffungsneigung in Spanien stieg im September im Vergleich zum Vormonat um gut sechs Punkte auf -24,8 Punkte. Zum Vorjahresvergleich sind das 17 Punkte weniger.
Schon vor der Corona-Krise verzeichnete Spanien die geringste Konsumneigung der fünf größten EU-Länder. Infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise hatte das Land mit sehr hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Laut Eurostat lag die Arbeitslosenquote in Spanien im August bei 16,2 Prozent (in Deutschland bei 4,4 Prozent, in Frankreich bei 7,5 Prozent, in Italien bei 9,7 Prozent und in UK bei 3,9 Prozent (Juni 2020)).

Aufgrund des ohnehin niedrigen Niveaus der Verbraucherausgaben fiel der Einbruch durch COVID-19 im April vergleichsweise moderat aus. Doch dies gilt leider auch für die anschließende Erholung, die schwächer ausfiel als in den anderen Ländern. Neben der anhaltend hohen und weiter steigenden Arbeitslosenquote weist Spanien derzeit auch sehr hohe Infektionsraten auf. Deshalb wurden die Schutzmaßnahmen kürzlich noch einmal verschärft. In Madrid beispielsweise wurden die Bewegungsfreiheit und soziale Kontakte auf Anordnung der Regierung erneut stärker eingeschränkt. Darüber hinaus hat Deutschland beispielsweise das Land als Risikogebiet eingestuft – dies wirkt sich negativ auf den Tourismus aus, einem wichtigen Wirtschaftsfaktor für Spanien.

UK: Covid-19 und Brexit-Verhandlungen belasten Verbraucherstimmung

Die Verbraucher im Vereinigten Königreich zeigen unter den fünf größten EU-Ländern derzeit die schwächste Konsumneigung. Nach einem leichten Anstieg um 1,5 Punkte im September liegt der Indikator derzeit bei -36,3 Punkten. Und auch im Vorjahresvergleich schneidet UK mit einem Minus von 36 Punkten am schlechtesten ab.

Dazu kamen die schweren Auswirkungen durch die Pandemie. Die Einschränkungen, wie die strengen Ausgangsbeschränkungen, haben das Wirtschaftsleben stark beeinträchtigt. Im April und Mai brach die Konsumneigung deutlich ein. Die anschließende Erholung des Indikators fiel jedoch nur bescheiden aus. Zusätzlich wirkte sich die Unsicherheit durch den Brexit negativ auf die Verbraucherstimmung aus. Bisher blieben die Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit der EU erfolglos. Sollte bis Ende des Jahres keine Einigung erzielt werden, würde der Handel mit Waren und Dienstleistungen zwischen UK und der EU spürbar beeinträchtigt werden, beispielsweise durch die Einführung von Zöllen.

GfK/surpress

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