Wirtschaft

„Finanzmärkte im Netz der Politik“

Vorbei sind die Zeiten, in denen die Konjunkturentwicklung die hauptsächliche Antriebskraft der Börsen war, in denen die Gewinnentwicklung der Unternehmen über wohl und wehe der Aktienmärkte entschied und die Inflationstendenzen die Kursentwicklung an den Rentenmärkten bestimmte. Seit der Finanzkrise ist die Wirtschaftspolitik der massgebliche Treiber der Finanzmärkte geworden. Dies wird sich auch diese Woche wieder klar zeigen. Telefonate zwischen der deutschen Bundeskanzlerin und dem griechischen Premierminister beeinflussen die Kurse der griechischen Anleihen statt einer nüchternen Analyse der Schuldentragfähigkeit des Landes. Die Vergabe von Notfallliquidität durch die EZB an die griechischen Banken gibt die Richtung für den griechischen Aktienmarkt vor.

Dass wirtschaftspolitische Entscheidungen mehr als zuvor die Finanzmärkte antreiben, gilt aber nicht nur für Griechenland: Das vielfach zuerst zu hörende Hauptargument für den Europäischen Aktienmarkt ist das Anleiheankaufprogramm der EZB, das Monat für Monat rund 60 Mrd. Euro in die Märkte pumpt und so den Anlagenotstand der Marktteilnehmer verstärkt und sie in risikoreichere Anlagen hereintreibt. Davon können sich auch die Schweizer Kapitalmärkte kaum abkoppeln. Klar ist, dass die Entscheidung der Schweizer Nationalbank, die Untergrenze des Franken nicht mehr zu verteidigen, einen enormen Einfluss auf die Schweizer Inflations-, Wachstums- und Finanzmarktentwicklung in diesem Jahr haben wird. Ohne die Aussicht auf eine quantitative Lockerung der EZB wäre die Entscheidung der SNB wahrscheinlich auch anders ausgefallen. Und ohne diese Entscheidung der SNB wäre die finanzielle Lage vieler osteuropaeischer Eigenheiminvestoren und der sie finanzierenden Banken deutlich besser. In der Erwartung eines zumindest nicht aufwertenden Franken wurden in einigen Ländern Hypothekarkredite auf Frankenbasis statt in heimischer Währung ausgegeben. Der ursprüngliche Zinsvorteil wird durch den stärken Frankenkurs nun mehr als ausgeglichen. Am Mittwoch sind dann die Augen wieder auf das Fed gerichtet. Bislang glauben die Finanzmärkte noch nicht ganz, dass die amerikanische Notenbank, schon bald auf einen längeren Zinserhöhungskurs einschwenken könnte. Das könnte sich mit dem Fed-Statement schnell ändern. Betroffen wären davon aber nicht nur amerikanische Werte, sondern auch einige Schwellenländer, die sich über US-Dollaranleihen finanziert haben und unter höheren US-Zinsen und einem stärkeren US-Dollar leiden würden. Immerhin lässt sich sagen, dass das Fed datenabhängig über den optimalen Zeitpunkt einer ersten Zinserhöhung entscheidet. Daran ändert aber nichts, dass derzeit Entscheidungen der Wirtschaftspolitik einen so starken Einfluss auf die Finanzmärkte haben wie selten zuvor. Ob dies gut oder schlecht ist, wird sich wohl erst in ein paar Jahren zeigen und davon abhängen, ob auch die richtigen Entscheidungen gefällt wurden.

Von KARSTEN JUNIUS, Chefvolkswirt, Bank J. Safra Sarasin

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