Wirtschaft

Griechenland wählt Unsicherheit – Die Politik muss handeln, um eine Ansteckung zu verhindern

Die Wähler in Griechenland haben ihr Votum abgegeben. Die gemäßigten Kräfte kommen rechnerisch auf eine Regierungsmehrheit, während die radikale Linkskoalition Syriza, die gedroht hat, die Sparauflagen der Troika zu beenden, nur knapp 27 Prozent der Stimmen erhalten hat. Der Super-GAU eines baldigen Euro-Austritts ist vorerst vom Tisch. Gleichzeitig wird aber offensichtlich, dass es die erhoffte Klarheit nicht geben wird. Erstens ist die Mehrheit einer Koalition von Nea Dimokratia (ND) und Pasok so dünn, dass es unter dem Stress der bevorstehenden harten Entscheidungen Abgeordnete und letztlich die Mehrheit verlieren würde.

Zweitens hätte eine ND-Pasok-Koalition mit der Unterstützung von lediglich 42,5 Prozent der Bevölkerung zu wenig Legitimation für die notwendigen Einschnitte ins Sozialsystem. Insbesondere die Fähigkeit der radikalen Linkspartei Syriza die Massen zu mobilisieren und einen Generalstreik auszurufen, macht das Regieren unmöglich.

Doch selbst wenn die Koalition funktionieren würde, setzt sich die Unsicherheit fort, weil alle Parteien im Wahlkampf unisono angekündigt haben, harte Verhandlungen mit der Troika aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Union und Europäischer Zentralbank (EZB) zu führen, um die Sparauflagen aufzuweichen. Auch wenn Europa letztendlich einer pro-Reform-Regierung Zugeständnisse machen dürfte, wird sich die Unsicherheit fortsetzen, bis die harten Verhandlungen mit den europäischen Partnern auf freundschaftliche Art beigelegt wurden.

So bedeutet das Ergebnis der Wahlen vor allem eine fortschreitende Unsicherheit. Gerade diese Unsicherheit ist so gefährlich, weil Vertrauen ein integraler Produktionsfaktor im Wirtschaftsgeschehen ist. Fehlt das Vertrauen, dass Griechenland eine Reformregierung bilden kann, die sowohl die Schuldentragfähigkeit als auch den Verbleib im Euro ermöglichen kann, bedeutet dies, dass erstens Banken die Kreditvergabe einschränken, dass zweitens Geschäftsbeziehungen zwischen griechischen Unternehmen aufgrund zweifelhafter Finanzierung beendet werden und dass drittens griechische Sparer ihre Bankguthaben abziehen. Dieser Prozess ist schon in vollem Gange. Nur so ist es zu erklären, wie die griechische Wirtschaft in so kurzer Zeit so tief fallen konnte.

Die Unsicherheit überträgt sich inzwischen auch in den Rest Europas, wo Lieferbeziehungen gekappt werden und Banken die Kreditvergabe reduzieren, um genügend Liquidität zu horten. Die EZB hat sich reichlich bemüht, die Währungsunion durch langfristige Liquiditätsvergabe gegen eine Ansteckung von Seiten Griechenlands zu wappnen. Trotzdem reichen alle diese Maßnahmen nicht aus, um der zersetzenden Unsicherheit zu begegnen. Wir müssen weiterhin damit rechnen, dass die Konjunkturindikatoren vorerst abwärts gerichtet sein werden und sich auf Rezessionskurs befinden. Die Wahlen in Griechenland haben daran nichts geändert.

von Jan Amrit Poser, Chefökonom der Bank Sarasin & Cie AG

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