Die Kurse werden sich auch mittelfristig eher seitwärts bewegen, mit zyklischen Schwankungen von ein bis vier Monaten Dauer. Der Aktienanteil an den Portfolien professioneller Investoren wird daher in absehbarer Zeit kaum steigen. Wie sich die Märkte aus Sicht der technischen Analyse entwickeln könnten und welche Schlüsse Anleger daraus ziehen sollten, skizziere ich im Folgenden:
Das Bären-Szenario
Schrecken der Krise: Für den Fall, dass die Pessimisten unter den Marktteilnehmern die Oberhand gewinnen, würde sich die aktuelle Korrektur zu einer massiven Verkaufswelle ausweiten und einen anhaltenden Bärenmarkt bewirken. Das wäre etwa der Fall, wenn die US-Fiskalklippe nicht umschifft werden könnte, die USA 2013 in der Folge in eine Rezession abgleiteten, sich die Krise in der Eurozone ausweiten und ein Zahlungsausfall Griechenlands eintrete würde.
In der Folge würden Investoren verstärkt in „sichere Häfen“ flüchten, die Renditen amerikanischer und deutscher Staatsanleihen vermutlich auf deutlich unter 1 Prozent fallen und die Rohstoffpreise sinken. Ich halte ein solches Bedrohungsszenario zwar für möglich, aber nur mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von weniger als 25 Prozent.
Das Bullen-Szenario
Korrektur der Übertreibung: Für die Anhänger der Bullentheorie ist die jüngste Korrektur eine zu starke Übertreibung nach unten. Sie rechnen damit, dass sich die antizipierten Schreckensszenarien als „weniger gravierend“ erweisen als gedacht. Würde sich diese Erkenntnis durchsetzen, wäre die Reaktion Erleichterung und ein Kursanstieg. Eine ähnliche Gemengelage hatten wir bereits 2010/2011, als die Marktakteure übertrieben negativ gestimmt waren.
Generell haben die Börsen die wirtschaftliche und politische Nachrichtenlage komplett eingepreist: So wurden die anfänglich positiven Impulse wie die nachlassende Euro-Problematik, das stabile US-Wirtschaftswachstum, die konjunkturelle Erholung Chinas und die Liquiditätsmaßnahmen der Zentralbanken jüngst überlagert von der schwachen Berichtssaison, Sorgen um die US-Fiskalklippe und um griechische Kreditrisiken und den Spannungen im Nahen Osten.
Rückenwind für Stockpicker: Für erfolgreiches aktives Fondsmanagement herrscht nach wie vor ein gutes Umfeld. Globale Aktieninvestments korrelieren derzeit kaum miteinander und beim Ausleseprozess profitieren aktive Fondsmanager von stabilen Fundamentaldaten. Die Bandbreite an unterbewerteten Unternehmen und attraktiven Kurs-Gewinn-Verhältnissen ist groß.
Mittelfristig höheres Zinsniveau: Im Gegensatz zu den Aktienrenditen befinden sich die Anleiherenditen auf einem historischen Tief. Sollten die Leitzinsen mittelfristig wieder steigen und dadurch die Kurse von Anleihen sinken, werden wir vermutlich eine Umschichtung hin zu Aktieninvestments sehen. Wann das geschieht, ist allerdings schwer vorherzusagen, da die Notenbanken die Zinsen derzeit mit ihren Liquiditätsprogrammen künstlich niedrig halten.
Chancen für Anleger
Aktien allgemein: Auch wenn die Aktienmärkte derzeit keine klare Tendenz erkennen lassen, so gibt es dennoch Branchen, die im Vergleich besser abschneiden als andere. Viele Standardwerte aus dem Gesundheits-, dem zyklischen Konsumsektor- und Verbrauchsgüterbereich weisen stabile Ertragsströme und hohe Dividendenrenditen auf. Generell wird dank der attraktiven, von stabilen Ertragsflüssen gestützten Ausschüttungen vieler Unternehmen der Dividendenanteil an der Gesamtrendite auch in den kommenden Jahren von großer Bedeutung sein. Hier erleben wir einen Trend, der uns weit über das Jahr 2013 hinaus begleiten wird. Risikobereiten Anlegern bieten zudem auch ausgewählte Finanzwerte besondere Renditechancen – vor allem, wenn sich die Lage an der Eurofront entspannt und die Anleihenrenditen der Krisenstaaten wieder sinken.
China und Emerging Markets: Die wirtschaftliche Erholung Chinas nimmt erkennbar an Fahrt auf. Zwar gibt es auch in China noch die bekannten Risiken – auch rechne ich dort nicht mit einem Bullenmarkt – doch mit der Bestätigung der neuen Führungsriege, die jegliche politische Unsicherheit ausgeräumt hat, dürfte sich auch der zuletzt schwach gelaufene Aktienmarkt erholen. Es gibt daneben viele qualitativ hochwertige Unternehmen, die schnell wachsen und noch niedrig bewertet sind. Außerdem wird der Markt deutlich transparenter.
Hochverzinsliche Anleihen und REITs: Diese Anlagen sind wegen ihrer höheren Renditen nach wie vor attraktiv. Anleger dürfen hier aber nicht die überdurchschnittlichen Gesamterträge der letzten Jahre erwarten. Dennoch sind dank der guten Unternehmensbilanzen die Kreditausfälle niedrig. Sofern sich das gesamtwirtschaftliche Klima nicht erheblich verschlechtert, dürfte das auch so bleiben.“