Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte den Einlagensatz heute um 25 Basispunkte auf 2,25 Prozent senken – im Einklang mit den aktuellen Markterwartungen. Da die Inflation voraussichtlich bis 2026 auf den Zielwert der EZB von zwei Prozent zurückgehen dürfte, oder diesen sogar unterschreitet, steigt der Spielraum für weitere Lockerungsmaßnahmen. Derzeit erscheint jeder durch Zölle verursachte Inflationsdruck vorübergehend.
Argumente für lockere Geldpolitik
Die jüngste Abwärtskorrektur der BIP-Prognosen in den Projektionen der EZB-Experten deutet darauf hin, dass die Sorgen um das Wirtschaftswachstum inzwischen schwerer wiegen als die Inflationsrisiken. Diese Verschiebung stärkt die Argumente für eine lockerere Geldpolitik.
Da sich die Leitzinsen dem geschätzten neutralen Bereich von 1,75%–2,25% nähern, könnte der EZB-Rat beginnen, auf Formulierungen wie „restriktiv“ zu verzichten. Um eine zu straffe Marktreaktion zu vermeiden, dürfte diese Änderung mit einer betont vorsichtigen Kommunikation einhergehen – mit dem Hinweis auf einen datenabhängigen, schrittweisen Ansatz und Flexibilität in der geldpolitischen Ausrichtung.
Im Gegensatz zur US-Notenbank, die das Tempo ihrer quantitativen Straffung (QT) verlangsamt hat, wird von der EZB beim anstehenden Treffen keine Änderung der Bilanzpolitik erwartet. Das Asset Purchase Programme (APP) und das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) laufen weiterhin passiv aus, und alle TLTRO-Rückzahlungen sind abgeschlossen. Dennoch könnte die EZB ihre Bereitschaft bekräftigen, das Transmission Protection Instrument (TPI) einzusetzen, falls es die Marktbedingungen erfordern. Sie könnte außerdem das QT aussetzen oder Kreditoperationen wieder einführen, um, wenn nötig, einen unterstützenden geldpolitischen Kurs zu gewährleisten.
Euro-Aufwertung und Zölle könnten Entscheidung beeinflussen
Die jüngste Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar sowie die Entwicklung der Zölle könnten die Entscheidungen der EZB indirekt beeinflussen – über veränderte Wachstums- und Inflationserwartungen sowie durch eine importierte Disinflation bei Rohstoffen und Energie. Dies könnte mehr Zinssenkungen erforderlich machen, als der Markt derzeit einpreist.
Einige Analysten haben ihre Prognosen für den Endzinssatz auf bis zu 1,25% gesenkt – ein Szenario am unteren Ende. Unserer Ansicht nach liegt der endgültige Zinssatz näher an der geschätzten Untergrenze der EZB.
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