Wirtschaft

Berater und Millennials – vom Missverstehen zur Win-win-Situation

Ein Kommentar von Sabine Said, Executive Vice President Moventum S.C.A.

Finanzberater kümmern sich nicht um junge Menschen. Das zumindest ließe sich folgern, wenn über Zielgruppen und Produkte, über Geldverdienen und Sparen gesprochen wird. Oder wenn Statistiker zitiert werden, nach denen Beraterkunden allesamt eher älteren Semesters sind. Dabei aber handelt es sich um ein Missverständnis, das dringend aufgeklärt werden sollte.

Denn eines vorweg: Junge Menschen, Studenten, Berufseinsteiger, junge Selbstständige, Familiengründer und Eigenheimbauer haben in der Regel weniger Geld frei für eine Anlage. Sie haben aber gleichzeitig einen erhöhten Beratungsbedarf. Aus Beratersicht gesprochen: Sie machen viel Arbeit, bringen aber kein Geld. Aus Kundensicht gesehen: Die echte Beratung kostet viel Geld, das ich nicht habe, da gehe ich lieber zu einem kostengünstigen Fintech oder Robo Advisor.

Also ein unauflösbarer Interessenkonflikt? Nein, im Gegenteil. Es ist entscheidend, dass sich Berater um junge Menschen kümmern, schon früh Vertrauen aufbauen und dann irgendwann auch Geld mit diesen Kunden verdienen. Junge Kunden wiederum brauchen professionelle Beratung bereits früh – und zwar durch den Rat eines echten Menschen.

Warum? Weil Millennials nicht mehr überwiegend die Lebensentwürfe der Eltern übernehmen: nach Ausbildung oder Studium einen Job antreten, nach und nach in den Gehaltsstufen steigen bis die Familie gegründet, das Haus gebaut und vielleicht abbezahlt ist, um dann für die Nachkommen zu sparen. Diese Generation nutzt sich bietende Freiheiten bei Jobs aus, arbeitet bereits während der Ausbildung in Projekten und setzt diese Arbeitsweise auch später fort. Einnahmen und Beförderungen sind weniger linear und weniger planbar.

Das aber bedeutet, dass diese Generation auch ihre Finanzen anders planen muss. Ein linearer Sparplan ist sicherlich schön, aber bei stark schwankenden Einnahmen nicht immer umsetzbar. Gleichzeitig bringen Projekte manchmal so viel Geld auf einmal, dass eine sinnvolle Entnahmeplanung durchgeführt werden muss. Oder eine Sparplanung, damit der Wunsch etwa nach einem eigenen Haus auch irgendwann realisiert werden kann, ohne der Bank ein festes Einkommen nachzuweisen.

Diese Beratung ist aufwendiger und erfordert Menschen, die sich im Markt und bei den Produkten wirklich auskennen. Die auch einen Blick über den Tellerrand werfen. Ein Vorteil: Seit die Regulierung immer mehr Transparenz verlangt und beispielsweise mit der Vereinbarung von Serviceentgelten neue Wege bei der Entlohnung der Beratungsleistung gegangen werden, ist die Preisgestaltung für Berater einfacher geworden. Sie müssen sich nicht an provisionsstarken Produkten orientieren, sondern können ihre Expertise nach Stunden oder auch pauschal abrechnen. So lässt sich auch bei Menschen mit geringen Anlagesummen Geld verdienen – und sehr gerechtfertigt noch dazu, denn Beratung ist wertvoll.

Außerdem werden sich die Ansprüche der jungen Kunden ja im Laufe der Zeit ändern: Sie werden älter, verdienen vielleicht mehr, steuern auf Investments zu und schließen Verträge ab, die auch für Berater interessant sind. Hier ist es entscheidend, die Kunden nicht erst in diesem Alter zu gewinnen, sondern das gegenseitige Vertrauen bereits vorher aufgebaut zu haben, denn Verlässlichkeit wird immer mehr die Basis für jede Beratungsleistung sein. Angesichts der Vielzahl von Robo Advisors oder Fintechs, die um die junge Klientel werben, lässt sich der Preiswettbewerb nicht wirklich gewinnen. So bieten gute Plattformen ihren Beratern zwar alle Services, mit denen sich das Geschäft ebenso effizient erledigen lässt wie es ein Robo tut. Aber Robos verkaufen nach einer bestenfalls oberflächlichen Beratung Standardpakete, die dem Kundenbedürfnis möglichst nahekommen. Individuell ist das nie, aber kostengünstig zu produzieren. Qualifizierte Beratung mit wirklich individuellen Lösungen ist mehr wert und kostet auch mehr.

Ein scheinbares Dilemma ist, dass Millennials keine hohe Beratungsgebühren bezahlen können oder wollen. Gleichzeitig sehen sie, dass Robos nur Standard bieten, der nicht immer ihren Bedürfnissen entspricht. Die Reaktion ist leider allzu oft: Kopf in den Sand stecken. Das aber bedeutet, dass ein großer Teil der Menschen nicht mehr beraten wird oder sich von der Marketingaktion einer Bank hier oder dem Werbeversprechen eines Produktanbieters dort zu Produktkäufen verleiten lässt, die keiner erkennbaren Strategie folgen.

Darauf kann die Antwort der Berater nur sein, verstärkt junge Menschen anzusprechen, den Wert der Beratung zu verdeutlichen – und eventuell auch bei den Gebühren am Anfang Abstriche zu machen. Das kann sich lohnen: Eine langfristig gute Beziehung zum Kunden ist allemal mehr wert als ein schneller Abschluss.

(Moventum)

print

Tags: , , , ,

ASCORE Auszeichnung

Es gibt viele gute Tarife – für die Auszeichnung „Tarif des Monats“ gehört mehr dazu. Lesen Sie hier, was die ausgezeichneten Tarife zu bieten haben.

Tarife des Monats im Überblick

ETF-News

ETF-News

Aktuelle News zu börsengehandelten Indexfonds.

zu den News

Guided Content

Guided Content ist ein crossmediales Konzept, welches dem Leser das Vergleichen von Finanzprodukten veranschaulicht und ein fundiertes Hintergrundwissen liefert.

Die Ausgaben im Überblick

ESG Impact Investing

In jeder Ausgabe stellt "Mein Geld" ein UN-Entwicklungsziel und dazu passende Investmentfonds vor.

Un-Entwicklungsziele im Überblick

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Mein Geld Newsletter

Melden Sie sich für unseren 14-tägigen Newsletter an.

zur Newsletteranmeldung

25 Jahre Mein Geld
Icon

Mein Geld TV

Das aktuelle Video

-
APUS Capital: APUS Capital – Investments in Innovation

Stefan Meyer  im Interview zur Attraktivität von langfristigen, innovationsgetriebenen Investments in Aktien und wie APUS Capital überdurchschnittliche Renditen erzielen kann.

zum Video | alle Videos
Icon

Mein Geld Magazin

Die aktuelle Ausgabe

Mein Geld 02 | 2024

Die Zeitschrift Mein Geld - Anlegermagazin liefert in fünf Ausgaben im Jahr Hintergrundinformationen und Nachrichten aus den Bereichen Wirtschaft, Politik und Finanzen.

zur Ausgabe | alle Ausgaben