Anleger scheinen den leichten, bereits im Januar einsetzenden Aufwärtstrend genutzt zu haben, um ihr Engagement zurückzufahren. In einem Null-oder gar Negativzinsumfeld haben sich diese Anleger damit ein Kursgewinnpotenzial von geschätzt mehr als vier Jahren entgehen lassen.
Betrachtet man zwei einfache Kennzahlen zur Renditeprognose, kommt man zu einem nahezu gleichen Ergebnis, was die mittelfristigen Ertragserwartungen für europäische Aktien angeht:
- 3% Dividende + 3% Gewinnwachstum = 6%
- 1/KGV = 1/14,7 = 6,80%
In unserer Investmentstrategie, die wir im Januar vorstellen, werden wir noch näher auf unsere Erwartungen für 2020 eingehen. Unsere Sicht auf die europäischen Märkte ist sowohl im Hinblick auf Arbitrage- als auch auf stark direktionale Strategien jedoch überaus positiv.
Der ISM Manufacturing Index in den USA präsentierte sich zuletzt durchwachsen. So sank er zwischen Oktober und November von 48,3 auf 48,1, wogegen der Markt einen Anstieg auf 49,2 erwartete. Trotz der Hoffnung auf ein sogenanntes Phase-1-Abkommen zwischen den USA und China beeinträchtigt der fortgesetzte Handelskonflikt die Visibilität und belastet die Geschäftsaktivitäten amerikanischer Unternehmen. Die Auftragseingänge waren erneut rückläufig (diese Komponente fiel von 49,1 auf 47,2 und liegt damit deutlich unterhalb der 50er-Expansionsschwelle). Da noch kein Durchbruch in Sicht ist und die Gefahr besteht, dass am 15. Dezember doch neue Zölle eingeführt werden, ist bis Jahresende weiter Geduld gefragt.
In den USA sind die Bewertungen recht hoch. Die Anleger haben offenbar fast alle guten Nachrichten bereits eingepreist. Eine kleine Atempause wäre daher durchaus willkommen. Dann könnte man dem Januar gelassener entgegensehen. Ein positives Zeichen war ein in den letzten zwei Wochen am Markt für Hochzinsanleihen zu beobachtender, interessanter Trend. Anleihen mit B-Rating haben sich zuletzt deutlich besser entwickelt als BB-Anleihen, die defensiver sind und stärker mit der Zinsentwicklung korrelieren. Die leicht aufwärts tendierenden Indikatoren in Europa haben risikoreicheren Titeln Schub gegeben. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend Anfang nächsten Jahres noch verstärken wird.
Im Falle einer Pause im Handelskonflikt und einer anhalten-den Verbesserung der Konjunkturdaten wäre die Zeit gekommen, taktisch zu einer auf Reflation ausgerichteten Strategie zu wechseln. Eine Möglichkeit wäre, überbewertete Wachstumstitel zu verkaufen und stärker auf Value-Titel zu setzen. Gleiches gilt für Anleihen. Zuflüsse nach Europa und in die Schwellenländer sowie eine relativ zu den USA über-durchschnittliche Entwicklung könnte es aus einem einfachen Grund geben: Die erwartete Abwertung des Dollar wird zu entsprechenden Kapitalbewegungen führen. Das Kapitaldefizit gegenüber Europa wird seit der Krise 2008 auf 188 Mrd. Dollar geschätzt. Dies dürfte dem Markt – selbst unter Berücksichtigung des Trump-Faktors –Unterstützung bieten. Im Rahmen der Vorstellung unserer Investmentstrategie im Januar werden wir die Lage erneut beleuchten. Nun wünschen wir Ihnen erst einmal frohe Festtage.
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(ODDO BHF AM)