"Ist dieses Mal alles anders (und wie positionieren Sie sich im Prudent Capital Fonds in diesem Umfeld)?"
Wenn die Zentralbanken die Inflation nur teilweise eindämmen konnten, was haben ihre Maßnahmen bislang tatsächlich bewirkt? Neben weniger Wirtschaftswachstum und Inflation hat eine straffere Geldpolitik eine weitere Auswirkung: Sie bringt Schwachstellen ans Licht. Einige der schwächeren Kettenglieder sind bereits zerbrochen.
Die Kurse von Kryptowährungen sind zwar wieder kräftig gestiegen, aber nach wie vor meilenweit von ihren Höchstständen entfernt. FTX und Blockfi gibt es gar nicht mehr. Das Gleiche gilt für einige der vielen Meme-Aktien.
Zusammenbrüche von Banken – einer multinationalen Bank und regionaler US-Kreditinstitute – waren die systemrelevanteren Folgen der Geldpolitik.
Wenn die Geldpolitik tut, was sie sagt, werden die Finanzbedingungen so lange straffer, bis am Arbeitsmarkt eine Wende eintritt. Und wenn die Arbeitslosenquoten erst einmal zu steigen beginnen, dann steigen sie weder allmählich noch maßvoll. Ein Anstieg der US-Arbeitslosenquote um 2,5% bis 3% wäre kaum eine Überraschung. Genau das ist in jeweils 18 Monaten während der internationalen Finanzkrise und der Dotcom-Rezession passiert.
Unterdessen haben Bankinvestoren jetzt andere mögliche Schwachpunkte im Blick. Die natürliche Folge steigender Kapitalkosten sind straffere Finanzbedingungen.
Auch der massive Anstieg der Unternehmensschulden nach der internationalen Finanzkrise belastet die Einschätzung der Kreditqualität. Insgesamt gibt es für zwischen 3,5 und 4 Billionen US-Dollar Unternehmensanleihen ohne Investmentgrade-Status (High Yield, Leveraged Loans und Private Credit). Der größte Teil von ihnen zahlt variable Zinsen, sodass die nicht besicherte Zinsbelastung der Unternehmen deutlich gestiegen ist. Hinzu kommen die kurzen Laufzeiten dieser Credits – in der Regel fünf bis sieben Jahre. Wie wollen Unternehmen fällige Credits zurückzahlen, wenn die Zinsen hoch bleiben und die Gewinne nicht angemessen steigen?
Im 2. Quartal haben die Risikomärkte diese Bedenken ignoriert und solide Erträge erzielt (MSCI World +7%, S&P 500 +8%). Auch die Struktur der Gewinne hat sich zuletzt völlig verändert. Während 2022 hohe reale Zinsen Substanzwerten (nicht aber Wachstumswerten) zugutekamen, entwickelten sich zuletzt die Sektoren Technologie und Konsumgebrauchsgüter überdurchschnittlich, obgleich die Realrenditen um 50 bis 75 Basispunkte gestiegen sind. Deshalb haben wir unsere Positionen in einigen der besonders erfolgreichen Papiere wie Oracle, Alphabet, Adobe und Microsoft deutlich verkleinert.
Unsere Einschätzungen der Bewertung und damit auch unserer Asset-Allokation haben sich nicht verändert. Eine Verschlechterung des Arbeitsmarktes scheint das wahrscheinlichste Ergebnis der Geldpolitik, und invertierte Zinsstrukturkurven an den Staatsanleihenmärkten scheinen die Sorge zu bestätigen. Deshalb überrascht es uns nach wie vor, dass die Gewinnrendite des S&P 500 niedriger ist als die von US-Investmentgrade-Unternehmensanleihen oder kurz laufenden Treasuries. Auch die High-Yield-Spreads erscheinen bemerkenswert stabil. Zweifellos sind entweder die Zins- oder die Risikomärkte deutlich fehlbewertet. Wir halten die zu erwartenden risikobereinigten Renditen kurz laufender Qualitätsanleihen für interessant.
Ist „dieses Mal alles anders“? Wir denken das nicht.