Die Gründe sind mannigfaltig: das Schwächeln Chinas und der EM – Volkswirtschaften mit samt ihren Währungen, der weitere Verfall des Erdölpreise auf unter US$ 40 ( WTI ), weltweit sinkende Inflationsraten und nicht zuletzt die unerwartete Abwertung des chinesischen Renminbi gegenüber dem US Dollar. Sie alle haben dazu beigetragen, dass nun auch die westlichen Aktienmärkte in Japan,Europa und den USA trotz einer besser als erwarteten Berichtssaison der Unternehmensgewinne und positiver Konjunkturaussichten vor allem in den USA, aber auch in Europa am Ende in einem in dieser Form völlig unerwarteten panikartigen Ausverkauf am 24.8.2015 endeten. Das galt im gleichen Ausmaß für alle Randwährungen, wie zum Beispiel für die türkische Lira oder den brasilianischen Real. Die Währungsverwerfungen waren so gewaltig, dass sogar der zuletzt gegenüber dem US Dollar schwächelnde Euro zeitweilig über 5% hinzugewonnen hat.
Ausblick
Nach der Entscheidung Chinas, den Renminbi gegenüber dem US Dollar abzuwerten, stellt sich die Frage, welche weiteren Schritte noch eingeleitet werden, um den schwächelnden Export und das weitere Absinken des Wirtschaftswachstums nicht nur abzufangen sondern China auch zu alter Stärke zurückzuführen. Wie ernst es den Chinesen damit ist, beweisen die bereits fünfte Zinssenkung in Folge und die weiteren Erleichterungen in der Geldpolitik. Auch die restliche Welt wartet auf eine konjunkturelle Umkehr Chinas, ist es doch heute als zweitstärkste Wirtschaftsmacht in der Welt neben den USA und Europa der dominierende Faktor für das Wohl der gesamten Weltwirtschaft.
Es ist anzunehmen, dass die zweite Abwertung nicht lange auf sich warten lässt, denn mit diesem weiteren Schritt werden lediglich Teile der jahrelangen Aufwertung gegenüber Yen, Euro und Dollar wieder zurückgenommen. Angefangen haben die Währungsprobleme mit der Entscheidung Japans, seit Ende 2012 den Yen gegenüber dem US Dollar in zwei großen Schritten von 75 auf 125 abzuwerten, um auf dem Rücken der Anderen verlorenes Terrain auf den Exportmärkten wieder zurückzugewinnen und damit die eigene dahin siechende Volkswirtschaft wieder zu stärken. Diese Abwertung traf aber gleichermaßen alle übrigen Volkswirtschaften in der Welt, was dann zwangsläufig, beginnend bei den schwächsten, ebenfalls bei vielen anderen Ländern zu Abwertungen gegenüber den führenden Währungen geführt hat. Das ist nun aber zumindest aus chinesischer Sicht zu Ende, und es wird abzuwarten sein, wie sich Japan nun währungspolitisch darauf einstellt.
Ein zweites, die Märkte belastendes Moment hat sich über die Sommermonate klarer herausgeschält. Es ist der nicht endende Verfall aller industriellen Rohstoffpreise, allen voran das Rohöl. Daraus resultiert unter anderem die seitens der westlichen Regierungen und Zentralbanken so ungeliebte deflationäre Preisentwicklung bei einem für ihre Vorstellungen zu mageren Wirtschaftswachstum. Es sieht auch nicht danach aus, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird. Zu groß sind heute die durch die Produktionsausweitungen der letzten 15 Jahre entstandenen Angebotsüberhänge, die erst allmählich wieder beim Wiedererstarken der Weltvolkswirtschaft abgebaut werden können. Das gilt vor allem für das Rohölangebot, das sich durch das Öl-Fracking und durch das Ende des Iran-Embargos noch weiter erhöht hat und kein Land sich bisher zu Produktionskürzungen bekannt hat, um den Produktionsüberhang zu vermindern. Zudem scheinen weder die USA noch Saudi-Arabien zurzeit an einem steigenden Ölpreis interessiert zu sein: die einen, um Russland zu schaden und die anderen, um die USA über den niedrigen Preis zur Aufgabe oder zumindest zur Einschränkung ihrer Fracking-Produktion zu bewegen. Wie dem auch sei, diese Situation an den Rohstoffmärkten bindet nicht nur unproduktives Kapital, sondern kostet Investitionen und Arbeitskräfte – alles, was die Volkswirtschaften im Augenblick eigentlich wirklich nicht brauchen.
Abgesehen von den übrigen Krisenherden in Syrien, im Irak, Afghanistan, der Türkei und dem zunehmenden Flüchtlingsstrom nach Europa werden die internationalen Unternehmer durch die finanzwirtschaftlichen Ereignisse der letzten Monate nicht gerade ermuntert, besonders optimistisch in die Zukunft zu schauen. So ist es kein Wunder, dass sie sich zurücklehnen und erst einmal abwarten, obwohl die letzten Konjunkturzahlen aus den USA (+3.7% BSP 2.Q.15) und Europa Anlass zur Zuversicht gegeben haben.
Kapitalmarktaussichten
Nach den volatilen Preisbewegungen und den zum Teil dramatischen Kursverlusten der letzten Wochen stellt sich für den Anleger die Frage, wie die Lage fundamental und börsentechnisch einzuschätzen ist. Befindet sich die Welt am Vorabend einer globalen Abkühlung mit vereinzelten Rezessionen in einigen Ländern oder handelt es sich vielmehr um eine technische Korrektur, die durch Panikverkäufe verunsicherter Privatanleger vor allem von ETF’s der verschiedenen Anlagekategorien und der systemischen Veränderungen der Handelsgepflogenheiten an den Aktienbörsen ausgelöst worden ist? Der dramatische Preisverfall zu Beginn der Wallstreeteröffnung am Montag, dem 24. August, hat einmal mehr vor Augen geführt, dass solche technischen Verwerfungen in Verbindung mit dem Computer gesteuerten algorithmischen Wertpapierhandel auch in Zukunft zu dann noch dramatischeren Kursabstürzen führen können. Ob die heutigen gesetzlichen und organischen Maßnahmen aller Börsenaufsichtsorgane ausreichend sind, werfen wieder einmal Zweifel auf und sollten jetzt dringend von der Politik auf ihre nachhaltige Tragfähigkeit überprüft werden.
Aus der heutigen Sicht spricht einiges für das Letztere, obwohl nicht zu leugnen ist, das viele volkswirtschaftliche Teilbereiche zurzeit nicht mehr im Lot sind. Viele Anleger glauben, dass es deshalb in den nächsten Quartalen zu globalen konjunkturellen Verwerfungen kommen könnte. Wir wissen aber seit der Finanzkrise von 2008 auch, dass die westlichen Regierungen zusammen mit ihren Zentralbanken, und dazu gehören auch China und Japan, bisher alles Erdenkliche getan haben und auch in Zukunft tun werden, ihre Volkswirtschaften auf dem Wachstumspfad zu halten, um die noch heute bestehenden Verwerfungen aus der Finanzkrise von 2008 zu überwinden. Das letzte Beispiel hat China gerade gegeben. Aus diesen Gründen befinden sich die wichtigen Volkswirtschaften zurzeit wohl eher in einer Wachstumsdelle als am Vorabend einer Rezession.
Vor dem Hintergrund einer länger als bisher angenommenen Periode deflationärer Tendenzen sind die Spielräume für baldige Zinserhöhungen vor allem in den USA wieder enger geworden. Das schützt zwar den in westlichen Staatsanleihen investierenden Anleger vor größeren Kursverlusten, bietet ihm aber bei den heutigen Renditen kein attraktives nachhaltiges Investmentumfeld. Auf längere Sicht und vor dem Hintergrund einer sich in den nächsten Quartalen wieder verbessernden Weltwirtschaft führt also wieder kein Weg an Anlagen in Aktien vorbei, zumal sich das fundamentale Bewertungsumfeld durch die letzten Kursverluste wesentlich verbessert hat.
Gleichwohl, es ist bisher zu viel Porzellan an den Börsen zerschlagen worden, als dass die Märkte morgen wieder zur Tagesordnung übergehen werden. Zunächst müssen die Märkte über eine Zeit hinweg erst einmal repariert werden, bevor das allgemeine Anlegervertrauen an die Kapitalmärkte zurückkehrt. Dann sollte sich wieder das Fenster für gute Einstiegsmöglichkeiten in Aktien öffnen. Goldminenaktien sind auch weiterhin keine Anlagealternative, weil die meisten Minengesellschaften, wie schon nach 1979, wieder total überschuldet sind und auf lange Zeit um ihr finanzielles Überleben kämpfen müssen.
Von Frank Th. Zinnecker, Geschäftsführer, HollyHedge Consult GmbH