Doch wie misst man das Risiko? Als Risikomaß durchgesetzt hat sich zum Beispiel die „Sharpe Ratio“. Diese Kennzahl setzt die Rendite (vermindert um den risikofreien Zins) in Relation zur Volatilität, also der Schwankung der Wertentwicklung. Dies mag für Aktieninvestments noch recht plausibel sein. Für viele vermögensverwaltend gemanagte Fonds oder Depots bringt die Sharpe Ratio jedoch keine vernünftigen Ergebnisse. Hier muss man nämlich sinnvollerweise zwischen der Volatilität in steigenden oder fallenden Märkten differenzieren. Vielfach wird deshalb der maximale Rückgang („Maximum Drawdown“) als das bessere Risikomaß angesehen. Vor allem vermeidet dies auch die Diskussion, was denn eigentlich „die Märkte“ überhaupt sind. Tatsächlich orientieren wir uns nämlich bei der Beurteilung steigender oder fallender Märkte meist nur an den Aktienmärkten. Aber selbst hier stellt sich die Frage, ob der Anleger nicht lieber die 25 Prozent Performance wählt, wenn er diese mit einem deutlich geringeren Maximum Drawdown als die 30 Prozent der Indexentwicklung realisieren kann.
Niemand wird ernsthaft annehmen, dass deutsche Anleger eine Billion Euro auf Giro-, Tages- und Festgeldkonten angelegt haben, weil sie die Geldmarktrendite attraktiver als die Aktienmarktrendite finden. Nein, sie haben schlicht und ergreifend Angst vor Verlusten. Die Aussicht, dass diese nur temporärer Natur – und deshalb erträglich – sind, hilft über diese Verlustangst nicht hinweg. Da hilft auch keine Aufklärung, denn man müsste dem Anleger auch darstellen, dass der Höchststand des Weltaktienindex vom Sommer des Jahres 2000 nach zwischenzeitlichem Verlust von immerhin 60 Prozent erst nach gut 14 Jahren wieder erreicht werden konnte. Mancher hat nicht so viel Zeit, andere wollen nicht 14 Jahre lang schlecht schlafen. Also sind sie bestenfalls für eine an ihrer Risikobereitschaft ausgerichtete vermögensverwaltende Anlage zu begeistern. Ob die Ertragsaussicht mit einer wie auch immer definierten Marktrendite korrespondiert, interessiert den Anleger dabei überhaupt nicht.
Ein Beispiel: Für defensive Anleger wird häufig ein Mix von 70 Prozent Anleihen und 30 Prozent Aktien empfohlen. Bilden wir dieses durch den deutschen Anleihen-Index REX P sowie den deutschen Aktien-Index DAX ab, so ergab sich in der Finanzkrise ein maximaler Verlust von 7,85 Prozent. Dies entsprach 16 Prozent des maximalen DAX-Verlustes, der 54,60 Prozent betrug. Jüngst verlor das 70/30-Depot innerhalb der acht Wochen vom 13.04. bis zum 10.06.2015 sage und schreibe 5,14 Prozent. Dies waren immerhin 46 Prozent des DAX-Verlustes in diesem Zeitraum. Ausschlaggebend hierfür waren die parallelen Verluste bei Aktien und Anleihen – ein Phänomen, mit dem künftig häufiger gerechnet werden muss. Ob Anleger derartige Marktrenditen wirklich wollen? Natürlich nicht, denn bei einer Aktien-Baisse könnte dies leicht auch einen Verlust von 20 Prozent und mehr einbringen. Defensive Anleger halten dies nicht aus. Sie wollen keine Marktrendite sondern eine risikoadjustierte Entwicklung.
Von Jürgen Dumschat, AECON Fondsmarketing GmbH