Investmentfonds

Schwellenländeranleihen: „Keine Angst vor US-Zinserhöhungen“

Die drohende Zinserhöhung in den USA beherrscht die Stimmung an den Märkten für Schwellenländeranleihen in Hartwährung. Robert Reichle, Fondsmanager des Berenberg Emerging Markets Bond Selection, sieht aber dennoch gute Chancen für die Asset-Klasse. Einen Ausverkauf wie im Juni 2013, nachdem der damalige Chef der US-Notenbank einen Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik angekündigt hat, erwartet Reichle nicht. Stattdessen nennt er gute Gründe für ein Investment: Diversifizierung, hohe laufende Erträge und eine Rückkehr der Emerging Markets auf einen dynamischeren Wachstumspfad.

Nach einem sehr guten Jahr 2014 weist der Markt für Hartwährungsanleihen aus den Emerging Markets auch in 2015 eine positive Entwicklung auf. Allerdings ist sie etwas verhaltener. „Die nachlassende Dynamik ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der unausweichliche Zinserhöhungszyklus in den USA näher rückt“, erklärt Robert Reichle. Die Politik der amerikanischen Notenbank Fed sei zurzeit das marktbestimmende Thema.

Steigende Zinsen in den USA haben zwei Effekte auf Schwellenländeranleihen. Deren Rendite setzt sich aus dem US-Zins und dem Risikoaufschlag (Spread) zusammen, dessen Höhe von der Kreditwürdigkeit des Emittenten der Anleihe abhängig ist. Mit steigenden US-Zinsen droht also einerseits, die Rendite der Schwellenländer-Bonds zu steigen. Allerdings wird sich eine wirtschaftliche Erholung in den USA auf viele Schwellenländer mittelfristig positiv auswirken. Daher sollten andererseits die Risikoaufschläge dieser Staaten sinken. „Normalerweise können anfangs die Zinserhöhungen nicht durch eine Spread-Einengung kompensiert werden, daher kann es zu Performanceabschlägen und Verlusten kommen. Mit der Zeit sollte dieser Effekt aber durch sinkende Risikoaufschläge gemildert werden“, erläutert Reichle.

Späte US-Zinserhöhung hat positive Auswirkungen

Der Fondsmanager rechnet ohnehin erst für 2016 mit einer Zinserhöhung. Zurzeit seien die wirtschaftlichen Daten in den USA noch nicht gut genug. Eine Verzögerung sollte sich tendenziell positiv auf den Markt auswirken. „Solange die Zinserhöhung auf sich warten lässt, werden Gelder in hochverzinslichen Anleihen wie Emerging-Markets-Anleihen geparkt“, sagt Reichle. Er rechnet weiterhin mit Kapitalzuflüssen, die den Markt stützen.

Auch wenn die Zinsen steigen, erwartet Reichle keinen Ausverkauf wie im Juni 2013 oder einen Liquiditätsengpass – zumindest nicht, solange die Fed vorsichtig vorgeht und ihre Strategie transparent und aktiv kommuniziert. Reichle: „Die Verantwortlichen sind sich bewusst, wie sich eine zu aggressive Vorgehensweise auf die Finanzmärkte, die am US-Zins hängen, auswirken könnte.“

Trends beim Ölpreis nicht vernachlässigen

Ein weiteres marktrelevantes Thema ist der Ölpreis. „Viele Schwellenländer sind entweder starke Ölexporteure wie Russland und Venezuela oder starke Ölimporteure wie die Türkei, Indien und Indonesien. Damit ist eine hohe Abhängigkeit vom Ölpreis gegeben“, so Reichle. Bei Berenberg ist die Korrelation mit dem Ölpreis daher ein wichtiges Bewertungskriterium von Anleihen. „Einige, eher spekulative Marktteilnehmer, handeln Emerging-Markets-Bonds nur in Bezug auf die Ölpreisbewegung. Solche Trends darf man nicht vernachlässigen“, warnt Reichle. Zurzeit erwartet er jedoch wenig Bewegung: „Der Ölpreis ist auf einem Niveau, das weder überverkauft noch überkauft ist.“ Neben den US-Zinsen und dem Ölpreis sind länderspezifische Risiken zu beachten. Dazu zählen beispielsweise die Parlamentschaftswahlen in der Türkei sowie in Venezuela im Herbst 2015.

Indonesien, Rumänien und Ungarn überzeugen

Reichle hat sich mit seinem Fonds – auch im Hinblick auf mögliche Zinserhöhungen – defensiv positioniert. Von Problemländern wie der Ukraine, Argentinien oder Venezuela hält er sich fern, und nimmt dafür eine durchschnittliche Rendite im Publikumsfonds in Kauf, die dadurch unter dem Benchmark-Mittelwert liegt. Stark überzeugt hingegen ist er von Indonesien. „Wir versuchen mit unserem fundamentalen Modell Rating Bewegungen zu antizipieren. Bei Indonesien ist uns das gelungen“, so Reichle. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s hat jüngst den Ausblick für Indonesien von stabil auf positiv angehoben. „Seit dem politischen Wechsel im vergangenen Sommer ist das Land auf einem guten Weg“, sagt Reichle.

Ebenfalls übergewichtet hat er Ungarn und Rumänien. Rumäniens Rating wurde im vergangenen Jahr bereits hochgestuft. Für Ungarn erwartet Reichle eine Anhebung des Ausblicks in den nächsten drei bis sechs Monaten. „Die Nähe zur EU-Binnenwirtschaft wird die Fundamentaldaten der beiden Länder auf dem guten Niveau halten oder sogar verbessern“, ist sich der Fondsmanager sicher.

Drei gute Gründe für ein Investment

Grundsätzlich sieht Reichle drei Gründe, die für ein Investment in Schwellenländeranleihen sprechen. Erstens trägt die Asset-Klasse zur Diversifikation eines globalen Rentenportfolios bei. Zweitens liefert sie hohe laufende Erträge. Und drittens dürften die Emerging Markets wieder aus ihrem Wachstumsloch hervorkommen und im Zuge der wirtschaftlichen Erholung in den USA aufblühen. „Langfristig ist daher ein Investment in Schwellenländeranleihen trotz steigender US-Zinsen sinnvoll“, so Reichle. Auch wenn die Performance vorerst begrenzt bleiben dürfte, so liefern sie immer noch genug Rendite und sind eine gute Alternative zu anderen Risikostrategien wie Unternehmens- oder Finanzanleihen, die Reichles Ansicht nach das entsprechende Risiko nicht mehr mit einer adäquaten Rendite für den Anleger kompensieren. Gleichwohl sollten sich Anleger bewusst sein, dass den großen Chancen, die Schellenländer-Anleihen bieten, auch höhere Zins- und Ausfallsrisiken gegenüber stehen.

 

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