Was genau bereitet den Anlegern also Sorge?
Das hypothetische Szenario sieht in etwa folgendermaßen aus: In den nächsten ein bis zwei Jahren werden Unternehmen des High-Yield-Segments aufgrund steigender Zinsen Schwierigkeiten mit der Umschuldung im Zuge fälliger Anleihen haben, was bei vielen zu Ausfällen führen wird. Dieser Umstand könnte eine Verkaufswelle auslösen und die geringere Liquidität wiederum könnte zu einer ausgewachsenen Krise führen, da sie den Kauf und Verkauf von Anleihen erschwert.
Aufrechtes Stehen dank steigender Zinsen
Hier muss einiges klargestellt werden. Schauen wir uns zunächst das Ausfallrisiko an. Dieses müssen Anleger immer im Auge behalten, selbst wenn die aktuellen Ausfallraten niedrig bleiben.
Es gibt aber auch die andere Seite: Steigende Zinsen bedeuten nicht unbedingt höhere Ausfallraten. Tatsächlich haben sich Hochzinsanleihen in einem Umfeld steigender Zinsen bislang recht gut gehalten. Seit 1998 gab es vier Kalenderjahre, in denen die US-Notenbank die Leitzinsen anhob, und Hochzinsanleihen erzielten in allen von ihnen eine positive Rendite.
Dies liegt im Wesentlichen daran, dass steigende Zinsen Hand in Hand mit einem Konjunkturaufschwung gehen. Und wenn die Wirtschaft wächst, verbessern sich sowohl die geschäftlichen Aussichten als auch die Kreditwürdigkeit der Unternehmen. Dadurch schrumpft die zusätzliche Rendite, die Hochzinsanleihen gegenüber US-Staatsanleihen bieten (Renditespread) und dieses Szenario wirkt sich positiv auf die Kurse von Hochzinsanleihen aus.
Unterschiedliche Anleihen, unterschiedliche Risiken
Wird die Ausfallrate steigen, wenn die Zinsen anziehen? Natürlich. Das ist beim Übergang des Kreditzyklus von der Expansions- in die Kontraktionsphase unvermeidbar. Für die kommenden Jahre erwarten wir, dass die Ausfallquote, von etwas unter 2% im letzten Jahr, wieder zu ihrem langfristigen Durchschnitt ansteigen. Laut J.P. Morgan beträgt dieser 3,8%
Zudem ist nicht jedes Unternehmen des High-Yield-Segments mit dem gleichen Risiko konfrontiert. Wir sorgen uns um Emittenten mit schwachen Bilanzen und hohen Verschuldungsquoten. Viele Junk-Bonds mit dem Rating CCC fallen in diese Kategorie.
Für Unternehmen mit gesunden Finanzen – darunter viele High-Yield-Emittenten mit den Ratings BB- und B – sind steigende Zinsen weniger problematisch. Und vergessen Sie nicht, die Entscheidungsträger der US-Notenbank haben ziemlich klar ihre Absicht einer langsamen Zinserhöhung geäußert. Einige Marktteilnehmer erwarten die erste Anhebung nicht vor 2016. Das sind unseres Erachtens keine schlechten Nachrichten für das High-Yield-Segment.
Darüber hinaus sollte bedacht werden, dass Hochzinsanleihen, ebenso wie die meisten anderen Anleihen, einen bekannten Endwert haben. Sofern der Emittent keine Insolvenz anmeldet, bekommen Anleger ihr Geld bei Fälligkeit der Anleihe zurück. Eine Periode steigender Zinsen lässt die Gesamtrendite bisweilen niedriger ausfallen, als es sonst der Fall wäre. Für Anleihenanleger bedeutet dieser Umstand aber nicht zwingend einen Geldverlust. Mitunter ist gar ein Gewinn die Folge.
Das Liquiditätsrisiko lässt sich bewältigen
Wie aber steht es um die Liquidität? Davon gibt es derzeit zweifellos weniger auf den Anleihenmärkten. Doch das ist kein neues Phänomen. Die Märkte für Unternehmensanleihen im Allgemeinen – und das High-Yield-Segment im Besonderen – waren nie so liquide wie jene für US-Staatsanleihen. Und schon seit Jahren beobachten wir neue Regulierungsvorschriften für Banken, die dem Markt noch mehr Liquidität entziehen.
Doch können illiquide Märkte auch attraktive Chancen bieten. Versiegt die Liquidität in einem Sektor, ist sie in einem anderen womöglich reichlich vorhanden. Richtig gehandhabt, kann sie eine zusätzliche Renditequelle darstellen.
US-Unternehmen des High-Yield-Segments befinden sich im Großen und Ganzen im Spätstadium des Kreditzyklus. Wir sind jedoch nicht der Auffassung, dass Anleger ihre Allokationen in Hochzinspapieren reduzieren sollten. Die Zinssätze werden,.trotz restriktiver Politik der US-Notenbank, insgesamt niedrig bleiben. Mit Durchschnittsrenditen von fast 6% bieten Hochzinsanleihen Anlegern, die ihre Kreditanalyse im Blick behalten, eine angemessenes Renditesteigerungspotenzial.
Sollten Sie in den kommenden ein bis zwei Jahren von periodischen Volatilitätsphasen ausgehen, wenn die Zinsanhebungen durch die US-Notenbank Realität werden? Auf jeden Fall. Aber von einer Krise? Wir denken nicht.
Die hier geäußerten Einschätzungen und Meinungen sind weder Analysen noch dienen sie als Investmentberatung oder Anlageempfehlung. Sie geben nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams von AB wider.“