Investmentfonds

Quo vadis ETF-Industrie?

Die europäische ETF-Branche ist eine Branche der Rekorde. Regelmäßig werden Mittelzuflüsse auf Rekordniveau oder Höchststände bei den verwalteten Vermögen vermeldet.

Bei der Betrachtung der aktuellen Situation stellen sich viele Marktbeobachter jedoch die Frage, was da gerade im Bereich der ETFs passiert. Zwar konnte die Branche auch in diesem Jahr einen neuen Höchststand bei den verwalteten Vermögen vermelden, die Mittelzuflüsse scheinen aber deutlich hinter den Erwartungen zurückzubleiben. Ein objektiver Blick auf die Zahlen zeigt, dass die europäische ETF-Industrie in diesem Jahr tatsächlich langsamer wächst als in den Vorjahren.

So machte ihr Marktanteil an den Mittelzuflüssen per 31.08. 2016 „nur“ 7% aus. Nach 18% im Jahr 2015 und 13% im Jahr 2014, ein schon fast bescheidener Wert. Doch der kleinere Marktanteil an den Mittelzuflüssen ist nicht der einzige Grund, warum das Wachstum hinter den Schätzungen der Industrie und den daraus abgeleiteten Erwartungen der Marktbeobachter zurückbleibt. Der zweite Grund sind die generell eher unterdurchschnittlichen Mittelzuflüsse in Investmentfonds im Jahr 2016, die sich mit 153,7 Milliarden Euro per Ende August, ungefähr auf dem Niveau des Jahres 2012 bewegen. Somit verzeichnet die europäische ETF-Industrie bisher einen unterdurchschnittlichen Marktanteil an unterdurschnittlichen Mittelzuflüssen, was in der Folge zu einer Abschwächung der Wachstumsrate in der ETF-Industrie führte. Zudem wirkte sich die Entwicklung der Aktienmärkte in diesem Jahr nicht besonders positiv auf das Wachstum der verwalteten Vermögen aus. Allerdings ist es völlig normal, dass das Wachstum einer Branche nicht linear verläuft und es immer wieder Dellen in der Wachstumskurve gibt. Somit wäre es vermessen, nach nur einem schwächeren Jahr von schrumpfenden Wachstumserwartungen oder gar dem Ende des ETF-Wachstums zu sprechen.

Size matters – Konsolidierung voraus?

Dennoch, könnte man als Marktbeobachter denken, dass sich die europäische ETF- Industrie in oder zumindest kurz vor einer Konsolidierungsphase befindet. So soll der britische ETF-Anbieter Source, mit einem verwalteten Vermögen von rund 9,7 Milliarden Euro immerhin der achtgrößte ETF-Anbieter in Europa, verkauft werden, weil die Gesellschaft, nach Informationen aus Branchenkreisen, nicht profitabel (genug) ist. Sollten noch weitere ETF-Anbieter zum Kauf angeboten werden, könnte dies als Zeichen einer bevorstehenden Marktkonsolidierung gesehen werden, denn Unternehmen werden in der Regel dann verkauft, wenn sich eine Branche in der Nähe des Endes eines Aufwärtstrends befindet, da sich in diesen Phasen der höchste Verkaufspreis erzielen lässt. Um in einem solchen Fall von einer Konsolidierung zu sprechen kommt es aber auch darauf an, wer als Käufer auftritt. Wird das Unternehmen von einem anderen ETF-Anbieter übernommen, der dann die Produkte miteinander verschmilzt und so einen Zuwachs bei den verwalteten Vermögen erzielen möchte findet tatsächlich eine Konsolidierung statt. Ist der Käufer aber ein Unternehmen, das sich mit der gekauften Gesellschaft den Marktzugang erschließen will und dessen Entwicklung durch die Erweiterung der Produktpalette vorantreibt, kann man schwerlich von einer Konsolidierung sprechen.

Wenn es tatsächlich stimmen sollte, das der achtgrößte Anbieter von ETFs in Europa nicht profitabel ist, zeigt dies mehr als deutlich, das Größe in der ETF-Industrie noch wichtiger ist als bei den Anbietern aktiv gemanagter Fonds. Zudem könnte dies bedeuten, dass über 40 der 48 in Europa tätigen ETF-Anbieter nicht oder nicht ausreichend profitabel sind und vom Markt verschwinden könnten. Im Gegensatz dazu zeichnet es sich bereits heute ab, dass sich die Anbieter von aktiv gemanagten Investmentfonds gern den Vertriebskanal ETFs erschließen würden, was eine echte Konsolidierung der ETF-Industrie in den nächsten fünf bis zehn Jahren unwahrscheinlich werden lässt, denn für die aktiven Manager wäre es am einfachsten in den Markt vorzudringen, wenn sie einen bestehenden Anbieter übernehmen und dessen Infrastruktur und etablierten Vertriebswege zum Markteintritt nutzen würden.

Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Thomson Reuters.

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