„Die Weltwirtschaft ist auf dem Weg der Erholung“, sagt Flemming Larsen, Leiter der Investmentabteilung bei Jyske Invest. „Sie läuft aber nicht einheitlich, sondern es gibt größere Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen und Ländern als sie früher üblich waren.“ Die USA hat die Funktion der Lokomotive übernommen. Die Wirtschaftsdaten und auch die Situation am Arbeitsmarkt haben sich verbessert. In Europa verläuft die Erholung deutlich schleppender. Zuletzt lieferten Frankreich und Deutschland enttäuschende Zahlen. Der Ukraine-Konflikt belastet Europa stärker als andere Märkte. „Europa hat immer noch Probleme. Daher erwarten wir weitere Lockerungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank in der zweiten Jahreshälfte“, so Larsen. Die Entwicklung am japanischen Markt ist schwer abzuschätzen. Die Wachstumszahlen der Wirtschaft schwanken stark. Die aktuellen Reformen könnten jedoch zu guten Ergebnissen in der zweiten Jahreshälfte führen. China sorgte im ersten Quartal für Unsicherheiten. In den vergangenen Monaten ist das Land aber auf seinen Wachstumskurs zurückgekehrt. Die Wirtschaftsleistung wuchs im zweiten Quartal um 7,5 Prozent. Für den Jyske-Experten ist das Highlight dieses Jahres Indien: Nach der Wahl von Narendra Modi zum Premierminister hat sich die Lage dort grundlegend zum Positiven geändert. Auch andere Emerging Markets wie Indonesien beginnen, Reformen umzusetzen. Diese seien dringend nötig, um wieder mehr Kapital anzuziehen, meint Larsen.
Drohende Verlustrisiken am Anleihemarkt
Am Anleihemarkt steigen die Risiken. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten zwischenzeitlich mit weniger als 1 Prozent. Das lässt nicht mehr viel Spielraum für Kurssteigerungen. Im Gegenteil: „Für Staatsanleihen der europäischen Kernländer sehen wir für die zweite Jahreshälfte ein zunehmendes Verlustrisiko“, sagt Larsen. Als deutlich attraktiver erachtet Larsen Hochzinsanleihen. Sie wären zwar auch von Zinssteigerungen betroffen, aber aufgrund ihrer Risikoaufschläge eine deutlich bessere Alternative als Staatsanleihen. Unternehmen – sowohl in den USA als auch in Europa – sind gut aufgestellt. Das zunehmend solidere wirtschaftliche Umfeld unterstützt ihre fundamentale Stärke.
Schwellenländeranleihen sind zurück im Investorenfokus
Ein weiteres Anleihesegment mit Potenzial sind Emerging-Markets-Anleihen. Nach einem schweren Jahr 2013 ist die Anlageklasse zurück auf Erholungskurs. „Sowohl Anleihen in Hartwährung wie dem US-Dollar als auch Anleihen in Lokalwährung haben in den ersten acht Monaten des Jahres etwa 8 bis 9 Prozent zugelegt“, sagt Larsen. Er sieht vor allem zwei Haupttreiber für die künftige Entwicklung des Segments. Zum einen sei die Lage in China ausschlaggebend. Viele Emerging Markets sind abhängig von Exporten nach China und würden unter einer konjunkturellen Schwäche des Landes leiden. Zum anderen spiele die Zinsentwicklung in den Industriemärkten eine wichtige Rolle. „Wenn in den USA die Zinsen steigen, werden auch Emerging Markets Bonds betroffen sein“, prognostiziert Larsen. Schon für das zweite Halbjahr 2014 erwartet er eine höhere Volatilität an den Märkten. Davon sollten sich langfristig orientierte Anleger aber nicht verunsichern lassen. Larsen bevorzugt zurzeit Hartwährungsanleihen. Sie sind in der Regel weniger risikoreich. Bei einer steigenden Volatilität sollten sie ein besseres Risiko-Rendite-Verhältnis bieten.
Auch 2014 wird ein Aktienjahr, europäische Aktien fair bewertet
„Für Aktien sind wir sowohl auf lange Sicht als auch kurzfristig sehr positiv eingestellt“, sagt Larsen. „Wir halten an unserer Prognose vom Jahresanfang fest, dass 2014 ein weiteres Jahr mit Kurszuwächsen an den Aktienmärkten wird.“ Aufgrund der geopolitischen Krisen, etwa in der Ukraine oder im Irak, sei im zweiten Halbjahr mit erhöhter Volatilität zu rechnen. Allerdings beeinflussen solche Krisen die Märkte in der Regel nur kurzfristig. Unternehmensdaten wie Wachstum und Erträge rücken schnell zurück in den Fokus der Investoren. Und diese erfüllen zurzeit die Erwartungen. Europäische Aktien hält Larsen für fair bewertet. Sie seien nicht mehr so günstig wie vor zwei bis drei Jahren, aber auch noch nicht zu teuer. „Gerade im Vergleich zu Anleihen bieten sie ein hohes Wertpotenzial“, so der Jyske-Experte. Für ebenfalls attraktiv hält Larsen Aktien aus den Emerging Markets. Im Vergleich zu den entwickelten Märkten seien die Aktienmärkte laut Larsen dort günstig bewertet. Die zu erwartenden Reformen in den kommenden Jahren sollten die Unternehmenswerte steigen lassen. 2012 und 2013 haben Investoren viel Geld aus den Wachstumsmärkten abgezogen, da nötige Reformen zu zögerlich oder gar nicht angegangen wurden. 2014 haben die Märkte wieder Zuflüsse gesehen. „Wir glauben, dass weiteres Kapital in die Schwellenländer fließen wird“, sagt Larsen. Die Wachstums-Story der Märkte sei intakt und gute Fundamentaldaten werden das Vertrauen der Investoren in die Länder stärken. „Eine selektive Vorgehensweise ist allerdings sehr wichtig. Nicht alle Staaten zeigen bisher den nötigen Reformeifer. Positiv stechen beispielsweise Indien und Indonesien hervor. Der Regierungswechsel in Indien lässt darauf hoffen, dass drängende Reformen endlich umgesetzt werden.“
Sektoren: Gesundheit, Technologie und Konsum
Bei den Sektoren überzeugen zurzeit vor allem Gesundheit, Technologie und Konsum. In diesen drei Bereichen lassen sich viele Unternehmen finden, die das bieten, wonach die Jyske-Fondsmanager suchen: solide Bilanzen, eine attraktive Bewertung und ein positives Momentum bei den Erträgen und der Kursentwicklung. Zu den Favoriten von Jyske Invest zählen beispielsweise der Pharmagroßhändler McKesson und der Klinikbetreiber HCA Healthcare, beide aus den USA. Auch im Technologiesektor sieht Larsen gute Chancen für US-Firmen, beispielsweise für Google. Für den Konsumsektor nennt er den indischen Automobilhersteller Tata Motors: „Das Unternehmen verbindet die beiden attraktiven Storys Indien und Konsum“, so Larsen. Für ebenfalls interessant hält Larsen den dänischen Schmuckdesigner Pandora, der seinen Schmuck weltweit verkauft und im ersten Halbjahr 2014 mit sehr starken Zahlen überzeugte.
Trend zu Risikoanlagen hält an
Trotz des Erholungskurses der Weltwirtschaft müssen sich Investoren auf einige Jahre mit geringem Wachstum einstellen. „Investoren werden sich an niedrigere Erträge gewöhnen müssen“, prognostiziert Larsen. Der Trend zu risikoreicheren Investments dürfte sich daher fortsetzen, und das Eingehen höherer Risiken sollte sich auch in der zweiten Jahreshälfte auszahlen. Besonders gute Chancen sieht Larsen für Aktien aus den Industrie- und Schwellenländern sowie Hochzins- und Schwellenländeranleihen.