Bereits in der letzten Kolumne von „Mein Geld“ konnten wir etwas über die Herausforderungen bei der Nutzung von Nachhaltigkeitsdaten sprechen – und dass das Thema zunehmend komplex wird. Nicht nur wegen Messbarkeit, sondern teilweise subjektiven Bewertungen. Ein Aspekt der Nachhaltigkeitswelt ist aber schon seit längerem sehr wohl quantitativ messbar: nämlich das Feld der CO2-Emissionen. Auch wenn man auf den ersten Blick denken mag, „ist doch am einfachsten zu ermitteln und zu messen“, ist die Realität viel komplexer. Eine kleine Kostprobe: Szenario Analyse, GFANZ, IEA, NGFS, CO2- Emissionsintensität, WACI, EVIC, PAB, CTB, SDA und noch viel mehr. CO2-Emissionen stellen zum einen wesentliche nachteilige Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principal Adverse Impact, PAI) dar, aber auch ein Nachhaltigkeitsrisiko. Falls hohe CO2-Emissionen die Transformation des Geschäftsmodells erfordern, bringt dies Kosten mit sich. Falls es zu Stranded Assets kommt, kommt es zu Abschreibungen für das Unternehmen. Aber CO2-Emissionen sind sektorabhängig. Deswegen werden diese in der Regel normalisiert: also relativ zum Unternehmenswert oder zum Umsatz, damit man erfährt, wie effizient ein Unternehmen (in Bezug auf die CO2-Bilanz) ist. Das alles ist nur die rückwärts gerichtete Perspektive – sind also die realisierten Emissionen. Hier sprechen wir noch nicht von der Unterscheidung in der Wertschöpfungskette zwischen Scope-1-, Scope-2- und Scope-3-Emissionen – alleine das ist schon anspruchsvoll genug. Und nur kleine Änderungen in den Berechnungsgrundlagen können unterschiedliche Ergebnisse hervorrufen.
Spannend wird die vorwärts gerichtete Sichtweise. Das heißt, wie wird sich unter gewissen Annahmen ein Emittent oder ein Finanzportfolio entwickeln – ceteris paribus – und woher weiß man so etwas? Nun, hier gibt es Spezialanbieter, die solche Daten auswerten. Auch hier stellt sich aber die Frage: Verfügt man als Finanzhaus über die Ressourcen und das Personal, um diese Komplexität der Daten nicht nur für den eigenen Investmentprozess zu nutzen, sondern auch sinnstiftend in der Berichterstattung des Finanzportfolios einzubetten? Wie man jetzt schon sieht, doch nicht so einfach, wenn einem die Daten vorliegen. Im Falle von CO2-Daten könnte man schon fast denken, dass es zu viele Datenfelder sind.
Für das Fondsmanagement oder die Wertpapieranalyse ist die Situation besonders herausfordernd. In Zukunft werden Fonds mit CO2-Emissionsreduktionszielen zusätzliche Offenlegungen machen müssen – das ist begrüßenswert, damit Anleger leichter vergleichen können. Auch wenn der globale Dividendenfonds LF – Green Dividend World zwar als Artikel 9 Fonds gemäß Offenlegungsverordnung nicht nach einem verbindlichem Dekarbonisierungsziel gesteuert werden muss, so ist der Fonds wegen seiner Ausgestaltung, wegen des Anlagekonzepts und wegen seiner Einzeltitelauswahl „im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen“. Zudem hat sich der Fonds seit Auflegung deutlich dekarbonisiert. Das Schaubild zeigt jedoch, dass dies ein neuer Themenkomplex in sich selbst ist. Das sprengt allerdings den Rahmen und ist für eine separate Diskussion gedacht. Wichtig ist hier der Zugang zu Expertinnen und Experten, die die Daten entschlüsseln können, um belastbare Prognosen zu erhalten.
DR. ROBIN BRAUN