Mit den neuen Produkten werden die ETF-Anbieter institutionellen Anlegern sicherlich wieder weitere Möglichkeiten eröffnen, ihre Anlagestrategien noch genauer umzusetzen. Doch ob diese Möglichkeiten dann auch wirklich aktiv genutzt werden, bleibt abzuwarten. Denn wie die Vergangenheit gezeigt hat, wird eine Vielzahl der angebotenen Produkte von den Anlegern nur sehr eingeschränkt genutzt. Dennoch sind diese neuen Produkte wichtig für die Entwicklung des ETF-Marktes, denn nur mit handelbaren Produkten kann die Industrie feststellen, welche Anlagekategorien und -strategien wirklich von den Anlegern gewünscht werden.
ETFs für Privatanleger
Nachdem die Idee der börsengehandelten Indexfonds im Segment der institutionellen Anleger quasi flächendeckend angekommen ist und diese Produkte auch von den Investoren genutzt werden, geht es für die ETF-Industrie darum, sich für das zukünftige Wachstum der Branche neue Kundengruppen zu erschließen. Somit rücken nun auch Privatanleger in den Fokus der Anbieter. Zwar konnten Privatanleger schon immer ETFs kaufen, wurden aber bei den Vertriebsbemühungen der Marktteilnehmer oftmals übersehen. Ein Argument dafür war, das der Aufwand um diese Kundengruppe gewinnbringend zu erreichen, zu groß sei. Schließlich müssen nicht nur die Kundenberater, sondern auch die Anleger selbst von der Idee überzeugt und zum Handeln gebracht werden.
Mittlerweile hat die Branche aber erkannt, dass diese Kundengruppe mit ihren relativ niedrigen, dafür aber oftmals über Sparpläne laufenden regelmäßigen Einzahlungen sehr lukrativ sein kann. Sorgen die regelmäßigen Einzahlungen doch ab einem gewissen Punkt dafür, dass die entsprechenden Fonds unabhängig von der jeweiligen Marktlage weiter wachsen. Auch gelten Privatanleger als treue Kunden, die ihre Fonds nicht ständig kaufen und verkaufen sondern in der Regel einen Sparplan über mehrere Jahre besparen, bevor Sie das Geld umschichten oder für Anschaffungen nutzen.
Umdenken bei allen Marktteilnehmern erforderlich
Allerdings muss die ETF-Industrie noch einiges unternehmen, bevor sie für Privatanleger interessant wird. Denn noch immer sind nicht alle ETFs über die gängigen Fondsplattformen zum Rücknahmekurs (NAV) handelbar. Dies liegt aber nicht nur an den ETF-Anbietern, einige Plattformen verfügen noch nicht über die Infrastruktur um diese Geschäfte abzuwickeln. Aber auch dies wird sich sicherlich dann ändern, wenn deren Vertriebspartner und Kunden anfangen aktiv ETFs nachzufragen.
Um diese Nachfrage auszulösen, wird es notwendig sein, dass die ETF-Industrie sowohl ihre Marketinganstrengungen, wie aber auch durch die aktive Ansprache von Vermittlern Kunden auf dieses Marktsegment aufmerksam macht. Das dies nicht ganz einfach sein wird, dürfte dabei jedem Beteiligten klar sein. Zum einen konkurrieren die ETFs bei den Vermittlern mit aktiv gemanagten Produkten. Da bei ETFs aber, im Unterschied zu ihren aktiv verwalteten Pendants, keine Provisionen für den Vertrieb anfallen, müssen die ETF-Anbieter, trotz aller Vorteile von ETFs, andere Anreize schaffen, um ihre Produkte bei unabhängigen Finanzdienstleistern und Bankberatern zu platzieren. Um hier ein Umdenken zu erreichen wird es sicherlich hilfreich sein, wenn Privatanleger aktiv ETFs nachfragen, also im Rahmen von Publikationen oder Präsentationen bereits von diesen Produkten gehört haben.
Meiner Ansicht nach werden die ETF-Anbieter im Laufe der nächsten Jahre sowohl im Marketing, wie aber auch personell einen erheblichen Aufwand betreiben müssen, um dieses Ziel zu erreichen. Ich bin mir aber auch sicher, dass sich dieser Aufwand für die Unternehmen langfristig auszahlen wird. Dazu werden die verschiedenen Anbieter aber zusammenarbeiten und vorrangig die Idee der börsengehandelten Indexfonds vermarkten, bevor Sie einzelne ETFs in den Fokus stellen.
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