Herr Winzer, wie bewerten Sie den Ausgang der Verhandlungen mit Iran?
Gerhard Winzer: „Das Ergebnis ist bemerkenswert, weil sich die Interessen des Iran und der permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sowie Deutschlands – also den P5+1 Staaten – erheblich unterscheiden. Aber die Sanktionen hatten der iranischen Wirtschaft zuletzt stark zugesetzt. Offenbar wollten die P5+1 Staaten nicht länger auf den Iran als politische und wirtschaftliche Macht auf regionaler Ebene verzichten.“
Welche unmittelbaren Folgen hatte die Einigung?
Winzer: „Das Abkommen drückt auf den Ölpreis, weil auf mittlere Sicht mehr Öl auf den Markt kommen wird. Bereits jetzt liegt das Angebot an Öl deutlich über der Nachfrage. Die Ölproduzenten geraten dadurch unter Druck, während bei den Ölkonsumenten die Kaufkraft zunimmt.
Die iranische Wirtschaft kann davon klar profitieren: Während das Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr noch bei drei und die Inflation bei rund 17 Prozent lagen, wird die Öffnung in den Bereichen Handel, Technologie, Finanzen und Energie zu einem höheren Wachstum führen und die Inflation dämpfen. Insgesamt wird sich die iranische Wirtschaft positiv weiterentwickeln.“
Stabilisiert sich der Mittlere Osten durch das Abkommen?
Winzer: „Die Implikationen für die geopolitischen Machtverhältnisse im Mittleren Osten werden unterschiedlich bewertet. Jedenfalls hat in der Region die Instabilität zugenommen. Es bleibt zu hoffen, dass nun ein weiterer diplomatischer Kanal eröffnet wurde.“
Wie geht es jetzt weiter?
Winzer: „Die Details für den Zeitplan und die Aufhebung der Sanktionen sowie die Details für die Kontrolle der militärischen Anlagen werden noch bekannt gegeben. Natürlich gibt es noch Stolpersteine. Bis Ende des Jahres sollen offene Fragen geklärt werden. Wenn die Vereinbarung hält, sind die Auswirkungen netto betrachtet positiv für die Weltwirtschaft.“