Die Abschwächung des Yuans stellt isoliert betrachtet sicherlich eine tief greifende Entscheidung dar, allerdings muss sie im richtigen Kontext gesehen werden. So hat sich der Yuan in den letzten 18 Monaten gegenüber anderen asiatischen und Schwellenländerwährungen in sehr starker Verfassung präsentiert, da es die People’s Bank of China (PBoC) trotz des deutlich anziehenden US-Dollars vorzog, den CNY-Kurs zum Greenback stabil zu halten. Dies hat unweigerlich zu einer reduzierten Export-Wettbewerbsfähigkeit Chinas gegenüber der Konkurrenz geführt – und das zu einer Zeit, in der sich die heimische Wirtschaft spürbar abschwächt.
Unsere persönliche Einschätzung ist, dass eine Abwertung von 10 % die Erwartung der Märkte übertreffen würde. Sie wäre zudem positiv für das chinesische Wirtschaftswachstum und die heimischen Aktienmärkte (vermutlich auch für Risikoanlagen ganz allgemein), obgleich die PBoC Spekulationen über eine dauerhafte Abschwächung sehr schnell als „Unsinn“ abgetan hat. Der Vizegouverneur der chinesischen Zentralbank hat außerdem erklärt, dass der Yuan langfristig eine starke Währung bleiben wird und die PBoC einen marktbestimmten Wechselkurs anstrebt. Hier sei an den unmissverständlichen Wunsch Chinas erinnert, den Yuan als Reservewährung zu sehen (wie die Avancen des Landes bezüglich einer Aufnahme in den IWF-Währungskorb für Sonderziehungsrechte belegen). Vor diesem Hintergrund ergibt der Schritt hin zu einem stärker marktorientierten Wechselkurssystem durchaus Sinn.
Die längerfristigen Auswirkungen der Abwertung sind deutlich schwieriger zu beurteilen. Die Kapitalabflüsse aus China könnten jedoch zunehmen, während sich der Dollar festigen dürfte. Dies wird zwar die chinesische Exportwirtschaft begünstigen, bedeutet aber auf der anderen Seite auch höhere Kosten für die Importeure des Landes. Chinesische Unternehmen mit Ausgaben in USD und Umsätzen in CNY, wie es bei einigen der Basiskonsumgüter- und Internettitel der Fall ist, könnten ebenfalls unter Druck geraten. Derweil haben die Waren und Dienstleistungen Hongkongs und gewiss auch anderer asiatischer Länder sowie Schwellenmärkte, die formell oder informell an den US-Dollar gebunden sind, durch die Entscheidung Chinas bereits an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt.
Außerhalb Chinas konzentrieren sich die entwickelten Märkte weiterhin insbesondere auf den Zeitpunkt und das Ausmaß der ersten US-Zinserhöhung. Die jüngsten Aussagen der Fed deuten darauf hin, dass sich die amerikanische Notenbank in Bezug auf eine potenzielle Zinsstraffung im September alle Optionen offen lässt, obwohl mit der Yuan-Abwertung in China (und der Tatsache, dass weltweit ein neuer disinflationärer Impuls ausgelöst werden könnte) eine weitere unbekannte Größe hinzugekommen ist. In Großbritannien und Europa haben die Konjunkturdaten in letzter Zeit weitgehend für Unterstützung gesorgt, und in Europa war die Berichtssaison für das zweite Quartal nach den vorangegangenen Überlebenskämpfen vor allem durch einen erfreulichen Trend zur Erholung gekennzeichnet.
Großbritannien verzeichnet überdies weiterhin eine rege M&A-Aktivität, die trotz aller Sorgen um die rohstoffnahen Sektoren und China den FTSE zu stützen vermag. In unseren Asset-Allocation-Portfolios sind wir bei Aktien und britischen Gewerbeimmobilien nach wie vor übergewichtet. Weil aber zuletzt die Aktienkurse vieler Unternehmen ohne entsprechendes Gewinnwachstum gestiegen sind, beurteilen wir die Aussichten für die Aktienmärkte mittlerweile weniger positiv als noch zu Beginn des Jahres. Im Rentenbereich haben wir – wie in unserem jüngsten Asset Allocation Update berichtet – das Engagement in Unternehmensanleihen von einer Übergewichtung auf neutral reduziert, wobei wir diese Papiere weiter gegenüber Staatsanleihen bevorzugen.