Investmentfonds

Chefanlagestratege von AllianzGI fordert„drei Pfeile“ für die Eurozone

Während die Konjunktur in den USA und Großbritannien genügend Fahrt aufnimmt, um die Krise abzuschütteln, erinnern die deflationären Tendenzen der Eurozone an das Japan der 1990er Jahre. Das Resultat der als „Abenomics“ bekannt gewordenen und aus den sogenannten „drei Pfeilen“ bestehenden Wirtschaftspolitik in Japan steht zwar noch aus. Andreas Utermann, Co-Head und Global Chief Investment Officer von Allianz Global Investors, zufolge täten die politischen Entscheidungsträger in Europa aber gut daran, ebenfalls mit „drei Pfeilen“ die Eurozone wieder auf einen nachhaltigen Erholungskurs zu bringen.

Vor zwei Jahren kündigte Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), in seiner mittlerweile berühmten Londoner Rede an, dass die EZB alles tun würde, um den Euro zu erhalte. Dank dieser Ankündigung und der im Gefolge sehr expansiven Geldpolitik ist die Überlebensfrage des Euro derzeit kein Thema mehr.

Utermann ist jedoch überzeugt: „Die kraftlose Konjunktur deutet darauf hin, dass die Eurozone immer noch vor großen Herausforderungen steht. Die Fortführung der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank als ‚ersten Pfeil‘ ist weiterhin notwendig. Mehr noch: Mangels einer geschlossenen politischen Führung im Euroraum muss der geldpolitische Kurs möglicherweise sogar noch verschärft werden.“ So könne die EZB künftig ihren Fokus auf Mindestinflationsziele legen, während sie in der Vergangenheit Inflationsobergrenzen im Auge hatte.

Strukturreformen angemahnt
Der ‚zweite Pfeil‘ der Eurozone sollte aus konzertierten Paketen von Renten-, Arbeitsmarkt- und Steuerreformen bestehen. Während die Krise eine Reihe an Reformmaßnahmen in Ländern wie Griechenland, Spanien und Italien auslöste, wird das Ausmaß der anstehenden Probleme andernorts noch zu wenig wahrgenommen. In den meisten Ländern der Eurozone belaufen sich die Pensionsausgaben bereits auf über zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zum Vergleich: In Australien, den USA und Großbritannien belaufen sich diese Quoten auf vier, fünf bzw. acht Prozent.

Angesichts der zunehmenden Lebenserwartung wird der Druck auf die Rentensysteme deutlich zunehmen. In Westeuropa wird ein Anstieg des Verhältnis von Rentnern zu Berufstätigen von 28 Prozent im Jahr 2010 auf fast 50 Prozent im Jahr 2050 erwartet – Deutschland sogar auf 60 Prozent. Utermann: „Das Festhalten an Frühverrentungsmöglichkeiten wie in Frankreich oder die Kehrtwende in der deutschen Rentenpolitik werden den demografischen Herausforderungen nicht gerecht.“ Auch seien weitere Arbeitsmarktreformen unumgänglich, um das blutleere Wachstum anzukurbeln und die hartnäckig über elf Prozent liegende Arbeitslosigkeit zu verringern. Umfangreicher Beschäftigungsschutz wirke sich negativ auf Unternehmen und Arbeitslose aus. Während große Unternehmen in Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien mit diesen Regelungen gut umgehen können, hielten sie mittelständische und von lokalen Mitarbeitern abhängige Unternehmen von Neueinstellungen ab.

Darüber hinaus hält Utermann steuerliche Maßnahmen mit dem Ziel einer besseren Einkommensverteilung und höheren Konsumnachfrage für erforderlich. Als Beispiel nennt er Deutschland, das derzeit über die größten fiskalischen Spielräume verfüge. Er glaubt, dass die Entlastung von niedrigen und mittleren Einkommen eine deutliche höhere Wirkung entfalten könnte als beispielsweise eine Reichensteuer. „Wenn man bedenkt, dass die Steuer- und Sozialabgabenbelastung niedriger und mittlerer Einkommen in Deutschland im OECD-Vergleich mit am höchsten ist, verwundert die schwache Konsumneigung in Deutschland nicht. Man mag es kaum glauben, aber das deutsche Abgabensystem ist in Teilen regressiv und nicht progressiv“, so Utermann.

Infrastrukturinvestitionen
Den ‚dritten Pfeil‘ für die Eurozone sieht Utermann in einem Investitionsprogramm, vor allem im Bereich Infrastruktur. In den letzten Jahrzehnten sind die staatlichen Investitionsausgaben in Deutschland prozentual kontinuierlich zurückgegangen, von etwa vier Prozent des BIP in den 1970er Jahren auf lediglich 1,6 Prozent seit dem Jahr 2000. Diese Quote liegt sogar unter der in den USA und Großbritannien. Der vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung attestierte chronische Mangel an Investitionen in Infrastruktur, Bildung und in Unternehmen stellt gerade für Deutschland eine Bedrohung für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Landes und damit für das Wirtschaftswachstum dar.

Utermann kommt zu dem Schluss: „Obwohl die Krise nicht mehr akut ist, muss die Eurozone noch einiges unternehmen, um sich aus dem Sumpf zu befreien. Entgegen aller Lehrmeinung, dass der politische Fokus auf den krisengeplagten Peripherieländern liegen sollte, würde die Eurozone mehr davon profitieren, wenn ihre drei Pfeile auch auf die Kernländer zielten.“

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