Ende Januar bis Ende Februar feiern die Chinesen das Neujahrsfest. Welche Bedeutung hat saisonales Feiertagsgeschäft für Anlagestrategien, die sich auf Konsum fokussieren?
Nayegandhi: Während des chinesischen Neujahrsfests erlebt der Einzelhandel in China und Hongkong eine Hochsaison, von der zahlreiche Branchen und Unternehmen profitieren. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Verkaufszahlen im Einzelhandel vor allem zum traditionellen Neujahrsfest stark steigen. Das ist vergleichbar mit dem hiesigen Weihnachtsgeschäft. Doch diese positiven Einflüsse auf die chinesische Konsumindustrie pendeln sich im Jahresverlauf meist wieder ein. Bedeutender als der Blick auf das Saisongeschäft sind für professionelle Anlagestrategien gesunde unternehmerische Fundamentaldaten.
Worauf achten Sie besonders?
Nayegandhi: Wir analysieren den Geschäftszyklus der Unternehmen über einen längeren Zeitraum und beobachten dabei auch die saisonalen Ausschläge. Zusätzlich eröffnet die momentane Volatilität auf den Finanzmärkten eine gute Gelegenheit, Unternehmen mit attraktiven Anlagepotenzialen und langfristigen Wachstumschancen zu identifizieren. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf Konzernen, die auch einer Rezession standhalten oder ihre Position selbst in einem unsicheren Marktumfeld stärken können. Wir achten hier vor allem auf den Cashflow als Rentabilitätsindikator.
Welche Trends sehen Sie für den asiatischen Konsumgütermarkt im Jahr 2013?
Nayegandhi: Wir bewerten die Wachstumsaussichten für konsumabhängige Einzelhandels- sowie produzierende Unternehmen in Asien weiterhin positiv. Der Kontinent bleibt trotz schwächerer Weltwirtschaft ein Lichtblick. Zum Beispiel haben Indien und China Maßnahmen eingeleitet, die das verfügbare Einkommen in der Hand der Endverbraucher steigern. Die indische Beschäftigungsgarantie und die leichten Lohnerhöhungen in China wirken sich beispielsweise positiv auf den Massenkonsum in diesen Staaten aus. Viele Regierungen in Asien werden auch in Zukunft versuchen, ihre wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern und damit zur Förderung des Privatkonsums beizutragen. Trotz der innenpolitischen Probleme und der befürchteten konjunkturellen Schwächung in Indien und China stimmen die Entwicklungen in der Konsumgüterindustrie fürs kommende Jahr also positiv.
Über den Interviewpartner: Namit Nayegandhi ist Portfoliomanager des UBS Asian Consumption Fund. Er ist seit 13 Jahren in der Branche tätig und arbeitet im Asien-Investment-Team in Singapur.
Hintergrund – „Frühere Luxusgüter werden in Asien zur Notwendigkeit“
In Asien leben 60 Prozent der Weltbevölkerung, fast die Hälfte ist jünger als 25 Jahre. In den meisten asiatischen Staaten wächst eine besser verdienende Mittelschicht, die Young Professionals, heran. Sie verfügt nicht nur über größere finanzielle Spielräume, sondern auch über ein ausgeprägtes Bewusstsein für private Konsumgüter. Güter wie zum Beispiel Automobile, die für die Eltern-Generation noch Luxus waren, werden heute in Asien auf einem Massenmarkt gehandelt – das gestiegene Einkommensniveau in diesen Ländern macht es möglich. Vor allem die Automobilindustrie wird in den nächsten Jahren zulegen. So sollen zum Beispiel in China im Jahr 2020 rund 22 Millionen Neufahrzeuge verkauft werden. Damit würden allein in der Volksrepublik mehr neue Autos zugelassen als in Europa und den USA zusammen.