5. Welche (weiteren) Regulierungsschritte erwarten Sie durch europäische Regulierungsvorhaben (z. B. MiFID II)?
Der aktuelle Stand der Regulierung auf europäischer Ebene ist mit Blick auf eine Stärkung der Verbraucherinteressen eher enttäuschend. Der vorliegende Gesetzestext erhält zwar einige positive Regelungen zur Transparenz, zur Schärfung des Profils der Honorarberater und zum Verbot des Vertriebs bestimmter Produkte. Dennoch konnten wir unsere in Brüssel vorgetragene Kernforderung, Interessenkonflikte in der Finanzberatung durch Provisionen zu beenden, bisher nicht durchsetzen. Die EU-Kommission hatte ursprünglich in der Novellierung der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID II dafür plädiert, Verkaufsprovisionen im Finanzvertrieb ganz zu verbieten beziehungsweise diese zumindest eins zu eins an den Anleger weiterzuleiten. Finanz- und Bankberater hätten sich demnach nur dann als „unabhängig“ bezeichnen dürfen, wenn sie für die Anlageberatung keinerlei Zuwendungen durch Dritte und Provisionen erhalten. „Abhängig“ wäre hingegen ein Berater gewesen, der Anreize erhält, bestimmte Finanzprodukte zu verkaufen. Der Berufsverband deutscher Honorarberater (BVDH) begrüßt diese Unterscheidung und setzt sich – auch auf europäischer Ebene – weiter dafür ein, zu den aktuellen Regulierungsvorhaben einen substanziellen Beitrag zu leisten.
6. Wie wird sich das Verhältnis von Honorarberatung und der inzwischen weitgehend in Richtung Transparenz regulierten Provisionsberatung entwickeln?
Zehn Jahre Transparenzvorschriften im Finanzdienstleistungsmarkt haben nichts gebracht und auch verschärfte Transparenzgebote sind nicht geeignet, den Verbraucherschutz in der Finanzbranche zu stärken. Dies hat eine Studie im Auftrag des Berufsverbands deutscher Honorarberater und der quirin bank ergeben, die im September 2012 veröffentlicht wurde. Ein Systemwechsel im Sinne eines flächendeckenden Provisionsverbots, wie es in Großbritannien in 2013 eingeführt wird, ist deshalb aus unserer Sicht langfristig unabdingbar. Zu dieser Einsicht werden neben Großbritannien, den Niederlanden und Australien auch andere Länder gelangen. Wir gehen davon aus, dass die immer strenger werdende Regulierung auch in Deutschland in fünf bis zehn Jahren zu einem Provisionsverbot, mindestens aber zu einer flächendeckenden Einführung von Nettotarifen für Finanzprodukte, führen wird. Durch die zunehmende Aufklärung der Verbraucher rechnen wir mit steigenden Marktanteilen für die Honorarberatung, die sich mittelfristig auf 15 % bis 20 % erhöhen sollten. Verstärkt wird dieser positive Trend für die Honorarberatung durch Initiativen auf europäischer Ebene im Rahmen der MiFID II, Gesetzesinitiativen einzelner europäischer Länder sowie die strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Sachen „Kick-back“, die ein enormes Haftungspotenzial für Banken in sich birgt und den Druck auf das Provisionsmodell in Deutschland weiter erhöhen wird.