1. Wie viele Honorarberater gibt es derzeit in Deutschland? Wie viele gehören Ihrer Initiative an?
Nach unseren Schätzungen sind in Deutschland aktuell etwa 1800 bis 2000 Honorarberater tätig. Im Berufsverband deutscher Honorarberater (BVDH) haben sich knapp 1500 Honorarberater zusammengeschlossen, um die honorarbasierte Finanzberatung als Alternative zum provisionsgesteuerten Finanzvertrieb voranzutreiben. Honorarberatung ist ein noch junges Geschäftsmodell und die einzige Innovation im deutschen Finanzdienstleistungsmarkt, die bisher eine schlüssige Antwort auf den Vertrauensverlust der Menschen in das herkömmliche Finanzsystem gibt.
2. Wie viele Anleger werden deutschlandweit von Honorarberatern betreut? Wie ist das typische Anlegerprofil? Welche Entwicklung erwarten Sie zukünftig?
Die Frage lässt sich nicht einfach beantworten. Ein Honorarberater betreut durchschnittlich zwischen 80 und 100 Kunden. Deutschlandweit nehmen geschätzt ca. 150.000 Privatkunden eine Beratung gegen Honorar in Anspruch, um produktunabhängig und kostentransparent beraten zu werden. Der typische Privatkunde, der unabhängige Finanzberatung mit einem Honorar vergütet, ist gut informiert, kritisch und aufgeklärt. Er weiß, dass bei seinem Finanzdienstleister der Produktverkauf und nicht die bedarfsorientierte Finanzberatung im Vordergrund steht, und sucht deshalb eine auf Honorarbasis beratende Bank oder einen freien Honorarberater auf, dem er wieder vertrauen kann.
3. Warum ist ein Gesetz zur Regulierung der Honorarberatung notwendig?
Die gesetzliche Verankerung der Honorarberatung ist unabdingbar, um einen fairen Wettbewerb zwischen Provision und Honorar überhaupt erst zu ermöglichen. Neben Regulierungsmaßnahmen für die provisionsorientierte Beratung benötigt auch die Honorarberatung klare Spielregeln, um für den Verbraucher Sicherheit bei der Wahl seines Beratungsmodells zu schaffen. Klare Begrifflichkeiten und eine genaue Definition, was sich dahinter verbirgt, sind dafür eine wichtige Voraussetzung. Nur so ist gewährleistet, dass Verbraucher fundiert entscheiden können, wie sie sich beraten lassen wollen.
4. Was spricht für den Gesetzesentwurf des BMF, was dagegen? Welche Auswirkungen wird das Gesetz haben? Könnten Sie uns gegebenenfalls Ihre Stellungnahme zum Gesetzesentwurf übersenden?
Der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums ist ein erster Schritt zu mehr Transparenz und Verbraucherschutz im deutschen Finanzberatungsmarkt. Begrüßenswert ist hierbei vor allem, dass die Honorarberatung erstmals begrifflich erfasst und definiert wird. Präzisierungsbedarf besteht allerdings noch in Detailfragen. So ist es im Sinne einer wirklich kundenorientierten Beratung von großer Bedeutung, eine produktunabhängige, ganzheitliche Finanzberatung anzustreben. Diese umfasst neben der Beratung zu Wertpapieren und Vermögensanlagen auch den Bereich der Versicherungen, das Bausparen sowie Finanzierungen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich ein Kunde im Bereich der Wertpapier- und Kapitalanlagen einem Honorarberater gegenübersieht und der gleiche Berater ihn im Versicherungsbereich provisionsabhängig berät. Die Beratungspraxis sieht ja in der Regel so aus, dass der Kunde einen abstrakten Beratungswunsch, zum Beispiel nach einer Altersvorsorge, hat und selten ein konkretes Produkt nachfragt.
Zweitens ist es aus Sicht des BVDH wichtig, dass auch provisionsbasierte Finanzdienstleister einer klaren Bezeichnungspflicht unterliegen, damit für den Verbraucher erkennbar ist, ob es sich um provisionsabhängige Vermittlung oder eine honorarbasierte Beratung handelt. Und schließlich wäre aus unserer Sicht auch die steuerliche Gleichstellung von Honoraren und Provisionen zu regeln. Heute wirken sich Provisionen steuermindernd auf die Abgeltungssteuer aus, Honorare dagegen nicht. Darüber hinaus sind einige Formulierungen zu konkretisieren. So ist etwa die „unverminderte und unverzügliche Weiterleitung von Provisionen“ als Voraussetzung für eine „Honorar-Anlageberatung“ genau zu definieren. Sie lässt noch einen erheblichen Spielraum für Gestaltungsmissbrauch, etwa im Bereich der hauseigenen Produkte von Banken. Zwar müssen diese, sofern es sich nicht um Nettotarife handelt, Produktprovisionen an den Kunden weiterleiten. Kaum ein Kunde wird aber kontrollieren können, ob versteckte Zuwendungen des Emittenten nicht doch zum Teil bei der Bank hängenbleiben.