„Viele Regelungsinitiativen, gerade auch aus dem europäischen Bereich, berühren die künftige Entwicklung der Corporate Governance, ohne dass die Regierungskommission einen direkten Einfluss darauf hätte. Wir sollten alles daran setzen, regulatorische Fehlentwicklungen oder Überregulierungen der Corporate Governance mit negativen Folgewirkungen entgegenzuwirken“, so Dr. Manfred Gentz, Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex. Hinzu kommt, dass das Denken und das Verständnis vieler ausländischer Anleger und Politiker zu sehr vom monistischen System geprägt sind und dies immer noch zu Fehleinschätzungen und Vorbehalten gegenüber der deutschen Corporate Governance führen kann. Ziel ist es, vermehrt das deutsche duale System zu erklären und Stellungnahmen gegenüber den Regulatoren zu erarbeiten.
Grundsätzlich sollte vor neuen Gesetzen, aber auch neuen Empfehlungen der Corporate Governance Kommission immer bedacht werden, dass jede Regelung Freiheiten begrenzt und die Eigenverantwortung und Selbstregulierung der Bürger und der Wirtschaft einschränkt. „Das Gefühl für Gut und Böse wird durch zu viele und zu schnelle Regelungen nicht gestärkt, sondern geschwächt, weil der Regulator vorgibt, was zu tun ist, und man selbst darüber nicht mehr nachdenken muss“, so Dr. Manfred Gentz. Das „Kontrolllisten-Denken“ entspricht weder dem deutschen System, noch ist es nach Meinung des Kommissionsvorsitzenden ausreichend, weil es falsche und trügerische Sicherheit zu vermittelt.
Dr. Manfred Gentz unterstrich erneut, dass es für die Wirtschaft essentiell ist, dass sie Akzeptanz in der Öffentlichkeit findet. Das immer wieder diskutierte Thema der Vorstandsvergütung bei börsennotierten Aktiengesellschaften ist nicht primär ein ökonomisches Thema, sondern eine Frage gesellschaftlicher Akzeptanz. „Deshalb hat die Kommission im letzten Jahr Empfehlungen in den Kodex aufgenommen, die noch mehr Transparenz und mehr Verantwortung und Nachvollziehbarkeit in die Entscheidungen des Aufsichtsrats bringen sollen“, sagte Dr. Manfred Gentz in Berlin.
Der Vorsitzende der Regierungskommission bestätigte nochmals, dass für 2014 keine Kodexänderungen geplant sind. Lediglich in den Fußnoten der Mustertabellen für die Vorstandsvergütung soll es im Sinne einer Klarstellung dessen, welche Angaben empfohlen werden, noch einige Erläuterungen geben. Die Mustertabellen wurden 2013 im Rahmen der ergänzten Empfehlungen zur Transparenz von Vorstandsvergütungen im Anhang des Kodex aufgenommen.
Auf der Agenda der Kommission bleibt das Thema Proxy Advisor, bei dem zwar kein Regelungs-, aber weiterhin Erläuterungsbedarf gesehen wird. Hierzu soll der Dialog mit Proxy Advisors aufrechterhalten werden, um beiderseits ein besseres Verständnis zu inhaltlichen Fragen zu gewinnen.
In diesem Zusammenhang wird sich die Kommission im Nachgang zur Diskussion auf der Kodexkonferenz weiter mit der Frage auseinandersetzen, ob und in welchem Umfang der Aufsichtsratsvorsitzende Investoren zu Gesprächen zur Verfügung stehen sollte.
Ferner wird die Regierungskommission erneut darüber diskutieren, ob die bestehenden Empfehlungen für die Höchstzahl von Aufsichtsratsmandaten weiterhin angemessen sind. Dabei soll zunächst geprüft werden, wie weit die Mandatszahlen wegen der gewachsenen Aufgaben des Aufsichtsrats schon zurückgegangen sind und wahrscheinlich weiter zurückgehen werden.
Darüber hinaus wird die Kommission die verschiedenen deutschen, aber auch europäischen Regulierungsinitiativen mit ihren möglichen Auswirkungen und Widersprüchen zur deutschen Corporate Governance beobachten und gegebenenfalls kommentieren. Dazu gehört auch die europäische Aktionärsrechte-Richtlinie, die eine Zustimmungspflicht der Hauptversammlung für Third Party Transactions vorsieht. Zusätzlich will die EU-Kommission über eine andere Richtlinie unter anderem die Qualität der Entsprechenserklärungen und deren Überwachung verbessern.
Im Sinne einer weiter erhöhten Transparenz und verbesserten Nachvollziehbarkeit der Kommissionsarbeit hat sich die Regierungskommission in Absprache mit dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz eine Geschäftsordnung gegeben, in der bislang gelebten Prozesse und neue Regeln zusammengefasst werden. Beispielsweise werden dem Bundesjustizminister Bestellungszeiten für künftige Neuberufungen vorgeschlagen und das Abstimmungsprozedere festgeschrieben.