Umso mehr dürfte es überraschen, dass etwa inlandsorientierte italienische Banken in diesem Jahr zu den Spitzenreitern im europäischen Bankensektor zählten. Banken aus anderen Peripherieländern dürften diesem Beispiel folgen, da viele davon derzeit rekapitalisiert werden und sich ihre Gewinne dank niedrigerer Kosten für Kreditausfälle erholen. Die Bankbilanzen in den Peripherieländern werden weiterhin stark durch notleidende Vermögenswerte belastet – ein Überbleibsel der jüngsten Krise. Die jüngsten Trends deuten jedoch insbesondere in Spanien und Italien auf eine Stabilisierung hin, die sich unserer Meinung nach fortsetzen wird.
Banken von Kernländern könnten dagegen künftig bei den Anlegern weniger gefragt sein. Ein Grund für den Kauf dieser Aktien waren die steigenden Dividendenzahlungen, da die Aussichten für das Ertragswachstum und den rentablen Kapitaleinsatz schlecht waren. Nun müssen die Dividendenerwartungen aber möglicherweise zurückgeschraubt werden, da die Regulierungsbestimmungen immer schärfer werden und die nächste Aktualisierung der Basel-Vorschriften bereits auf der Agenda steht.
Italienische Inlandsbanken sind immer noch attraktiv, obwohl sie in diesem Jahr bereits um 35 Prozent gestiegen sind. Wir bevorzugen Unternehmen, deren Rentabilität sich weiter verbessern dürfte – gestützt durch geringere Kreditverluste und das Wachstum der Kreditvergabe und der Kommissionsgebühren. Das inlandsorientierte Geschäftsmodell sollte diese Banken gegenüber der Volatilität und der Abschwächung der Fundamentaldaten in Schwellenländern und Energiesektoren abschirmen. Die erwartete Konsolidierung der Popolari-Banken und die mögliche Erholung am Immobilienmarkt sollten ebenfalls Impulse für eine weitere Neubewertung dieses Sektors liefern.
Spanische Banken litten in diesem Jahr unter anderem unter den politischen Risiken im Zusammenhang mit den lokalen und nationalen Wahlen. Diese Besorgnis dürfte 2016 abnehmen, und die Unternehmen sollten von einem positiven wirtschaftlichen Hintergrund unterstützt werden. Bei den spanischen Banken sind wir etwas vorsichtiger als bei den italienischen Banken, da diese immer noch unter den Folgen der Immobilienblase leiden und aufgrund des harten Wettbewerbs durch die größten Akteure mit schrumpfenden Kreditportfolios und Margendruck konfrontiert sind.
Selbst bei den griechischen Banken vollzieht sich vermutlich gerade eine positive Trendwende. Zwar war 2015 für Griechenland definitiv ein schwieriges Jahr, aber jetzt befinden sich die Banken in einem umfassenden Rekapitalisierungsprozess unter der Ägide der Europäischen Zentralbank. Dies sollte ihnen selbst in einem schwachen gesamtwirtschaftlichen Umfeld eine komfortable Kapitalposition sichern. Die Bildung von Rückstellungen für notleidende Kredite ist weit vorangeschritten, nimmt allerdings aufgrund der dritten Rezessionswelle weiter zu.
Wenn die Regierung die mit den europäischen Partnern vereinbarten Reformen umsetzt, ist zu erwarten, dass die EZB griechische Vermögenswerte wieder unter ihren geldpolitischen Schirm nimmt. Dies würde letztendlich bedeuten, dass die Inlandsbanken ihren Finanzierungsmix verbessern können. Die erwartete Stabilisierung der Wirtschaft im Jahr 2017 könnte den zweiten Schritt auf dem Weg zur Normalisierung im Bankensektor vorantreiben. Banken notieren mit weniger als dem 0,4-Fachen ihres materiellen Eigenkapitals, weshalb wir beim gegenwärtigen Niveau nach der Rekapitalisierung attraktive Chancen erkennen.
Unter allen Peripherieländer-Banken befinden sich die portugiesischen Banken jetzt am schwächsten Punkt. Sie müssen an allen Fronten mit Schwierigkeiten kämpfen: schwächere Kapitalquoten als ihre Pendants in anderen Ländern, potenzielle Risiken aus bedeutenden Engagements in Schwellenländern (wie Lateinamerika und Afrika) und geringe Effizienz auf einem sehr konzentrierten Markt. Rekapitalisierungen sind für die portugiesischen Banken im Jahr 2016 unvermeidbar. Aufgrund der negativen Stimmung nach der Verstaatlichung der Banco Espirito Santo hatten sie auf eine bessere Gelegenheit für Aktienemissionen gewartet. Inzwischen ist jedoch sogar die Novo Banco unterkapitalisiert, die die «guten» Vermögenswerte der früheren Banco Espirito Santo übernommen hatte,. Die portugiesischen Banken stecken offenbar mitten in einem Kapitalerhöhungsstau und warten einfach ab, bis sie an der Reihe sind, um neue Aktien auszugeben. Unserer Ansicht nach wird dies im nächsten Jahr der Fall sein und den Beginn eines langen Erholungskurses markieren.




