Bestenfalls würde dies zur Schaffung eines europaweiten Bankensystems mit einheitlicher Aufsicht führen, das den Rahmen für die wirksame Rekapitalisierung von Banken bietet. Wir haben bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass die Währungsunion zwar die finanzielle Integration vorangetrieben hat, der aufsichtsrechtliche Rahmen damit jedoch nicht Schritt halten konnte. Dies ist eine der Schwachstellen der EWU.
Weiter durchwurschteln
Die beschriebenen möglichen Verläufe – einschließlich Grexit – passen zum anhaltenden „Durchwurschtel“-Szenario. Bei diesem Szenario ergreifen die Entscheidungsträger vor dem Hintergrund politischer Zwänge nur die absolut notwendigen Mindestmaßnahmen, um die weitere europäische Integration voranzutreiben. Nach unserer Einschätzung wird ein Ausstieg Griechenlands nicht das Ende der Euro-Zone bedeuten. Die anderen Peripheriestaaten gelten im Hinblick auf die Umsetzung haushaltspolitischer und struktureller Reformziele als weitaus zuverlässiger. Umgekehrt wird ein Ausstieg Griechenlands aber auch nicht die erhoffte rasche und allumfassende Lösung bringen. Paradoxerweise könnte ein Grexit diesen Prozess jedoch beschleunigen.
Wie stellt sich unser Szenario für das Krisenfinale dar?
Um eine Lösung für die Euro-Zone zu bieten, muss das Krisen-finale nach unserem Dafürhalten vier, wenn nicht fünf, Kriterien erfüllen:
1. Fiskalische Integration
Über den Fiskalpakt, also die Stärkung der haushaltspolitischen Regelungen und ihre Umsetzung, bemüht sich Europa derzeit um zunehmende Integration. Das kann jedoch nur funktionieren, wenn der Ausgangspunkt ein niedriger Schuldenstand in der gesamten Euro-Zone ist. Das trägt der Vorstellung Rechnung, dass Staatsschulden in einer Währungsunion mit einem erheblichen Kreditrisiko verbunden sind, weil es keinen Lender of Last Resort („LOLR“) gibt. Mit anderen Worten: Da EWU-Staaten letztendlich Anleihen in einer Fremdwährung ausgeben, können sich Liquiditätsprobleme zu einem massiven Solvenzproblem auswachsen. Deshalb wird der Markt nur zur Stützung geringer Schuldenstände bereit sein. Angesichts der aktuell hohen Verschuldung in Europa würde ein Fiskalpakt kaum ein stabiles Gleichgewicht erreichen können. Die negative Entwicklung in den EWU-Randstaaten wird weiter von einer gewissen Eigendynamik geprägt sein. Erfolgversprechender wäre die Schaffung von Eurobonds, für die alle Länder einzeln bzw. vorzugsweise gemeinsam haftbar sind. Dies ist jedoch nur darstellbar, wenn ein tragfähiger fiskalpolitischer Rahmen besteht, der „Trittbrettfahrer-Strategien“ bei Staatsschuldnern unterbindet. Politisch bedeuten Eurobonds letztendlich, dass ein impliziter Fiskaltransfer vom Norden zum Süden stattfindet – bei gleichzeitiger Reduzierung der nationalen Souveränität.
2. Europaweites Bankensystem
Ein solches Bankensystem wäre im Hinblick auf Bankenaufsicht, Einlagensicherung usw. dann wirklich paneuropäisch tätig. Zunehmend wird die Forderung nach einer europäischen Version des amerikanischen Troubled Asset Re-lief Program („TARP“) laut. Die European Financial Stability Facility („EFSF“) bzw. der European Stability Mechanism („ESM“) sind bereits Schritte in diese Richtung, allerdings ohne die Schlagkraft des US-amerikanischen TARP. Dazu müsste die Leverage des ESM deutlich erhöht werden. Eine Banklizenz für den ESM sollte den Anfang machen.