„Seit der Deregulierung des Finanzbereichs vor der Finanzmarktkrise ist die stabile Marktordnung insbesondere durch stets wachsende Schattenmärkte ins Wanken geraten. Heute finden sehr unterschiedliche Verfahren der Preisfeststellung an einer Vielzahl von Handelsplätzen statt. Dadurch ist die Ermittlung eines Börsenpreises nach gleichen Regeln nicht mehr gewährleistet und es entstehen ungleiche Preise. Ob ein Preis heute seine volkswirtschaftliche Funktion erfüllen kann, ist damit zu hinterfragen“, sagt Dr. Michael Völter, Vorsitzender des Vorstands der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse e.V., die die Studie in Auftrag gegeben hat. „Der Gesetzgeber muss prüfen, wie neue Leitplanken für eine ordnungsgemäße Preisbildung innerhalb der Marktordnung auszusehen haben. Die aktuelle Studie soll Impulse setzen, um den Blick wieder stärker auf die Preisfeststellung als zentrales Kernelement des Wertpapierhandels zu richten“, sagt Michael Völter.
„Voraussetzung für funktionsfähige Finanzmärkte sind informationseffiziente Preise, die ordnungsgemäß zustande kommen und die tatsächliche Marktlage widerspiegeln“, sagt Prof. Dr. Lars Feld, Direktor des Walter Eucken Instituts und Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. „Eine neutrale Preisermittlung fördert die Transparenz und Chancengleichheit aller Marktteilnehmer“, sagt der Wirtschaftsweise. Denn „alle wirtschaftliche Aktivität wird über das Preissystem koordiniert: Preise vermitteln Informationen über die relative Knappheit von Gütern und bilden so die Grundlage für die individuellen Entscheidungen der Marktteilnehmer“, so Lars Feld.
Durch die Entwicklungen der letzten Jahre ist die Preisfindung jedoch zunehmend aus dem Gleichgewicht geraten. „Hierzu zählt vor allem das Aufkommen von außerbörslichen Handelsplätzen, die nur sehr wenig öffentlich zugängliche Informationen generieren und somit die Funktionsweise des Preismechanismus einschränken“, meint Feld. Aus Sicht des Ökonomen muss der Schwerpunkt deshalb auf einer Börsenregulierung liegen, „die einen diskriminierungsfreien Zugang aller Marktteilnehmer zu Börsengeschäften ermöglicht und gleichzeitig dazu beiträgt, dass die Preisfindung auf Börsen unverzerrt stattfinden kann und möglichst alle relevanten Informationen herangezogen werden können.“
Um dies zu erreichen, sollte sich eine Regulierung grundsätzlich auf den ordnungspolitischen Rahmen des Wertpapierhandels ausrichten. „Die Ordnungspolitik zielt nicht auf die Verwirklichung bestimmter Marktereignisse, sondern setzt Rahmenbedingungen für eigenverantwortliches Verhalten der Individuen“, erklärt Feld. „Somit stellt sie die Bürger in den Mittelpunkt der Entscheidungsfindung und fragt nach Regeländerungen, die alle Mitglieder einer Gesellschaft besserstellen.“ Die entscheidenden zu regulierenden Prinzipien der Ordnungspolitik sind dabei unter anderem offene Märkte, die nicht etwa durch Einfuhrverbote und Zölle eingeschränkt werden, sowie eine Konstanz der Wirtschaftspolitik. „Erwartungen über die zukünftige Entwicklung etwa von Unternehmen sind die Basis für längerfristige Investitionsvorhaben“, erklärt der Ökonom. „Nur eine stetige Wirtschaftspolitik ist dazu geeignet, jene Atmosphäre des Vertrauens zu erzeugen, die als Voraussetzung für das langfristig orientierte Verhalten aller Akteure gelten muss.“
Um eine verlässliche Marktordnung wiederherstellen zu können, muss also eine Re-Regulierung des Wertpapierhandels – außerbörslicher Handel inbegriffen – darauf abzielen, eine ordnungsgemäße Preisfeststellung, offene Märkte und ein dauerhaft stabiles Finanzsystem zu fördern. Dies sorgt für Transparenz, Sicherheit und Chancengleichheit aller Marktteilnehmer, kurz für funktionsfähige Finanzmärkte.