In Indien zeigen die Maßnahmen der Modi-Regierung erste Erfolge beim Export. Brasilien befindet sich weiterhin in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage, die zum politischen Umbruch führen könnte. Russlands Kurs und die EU-Sanktionen drängen die russische Wirtschaft in zunehmende Isolation.
„Momentan zeigen die USA die größte wirtschaftliche Stärke, Deutschland und China schwächeln. Generell zeigt sich weltweit ein nur langsamer Aufwärtstrend, dessen Nachhaltigkeit fragil ist. Kriegerische Konflikte und anhaltender Reformstau hemmen eine positivere Entwicklung“, erklärt Dr. Alexander Börsch, Leiter Research Deutschland bei Deloitte.
Euro-Zone: Anfällig für Rückschläge
Die Euro-Zone schwächelt: Frankreich stagniert, Deutschland und Italien schrumpfen sogar leicht. Die Entwicklungen in der Ukraine werfen Europa auf dem Weg der Erholung zurück und bremsen Investitionen. Die anhaltende Stagnation durch den starken Euro will die EZB mit der Senkung des Leitzinses auf 0,05 Prozent überwinden. In Deutschland ruhen die Hoffnungen auf Wachstum auf den Exporte und der Binnennachfrage, nachdem die Wirtschaft zuletzt an Dynamik verlor. Insgesamt wird die Euro-Zone den recht optimistischen Wachstumserwartungen vom Jahresbeginn kaum gerecht werden können.
USA: Aufwärtstrend stabilisiert sich
Die USA zeigen sich erstarkt und haben das Tief aus dem ersten Quartal durch solides Wachstum mehr als ausgeglichen. Auch der Arbeitsmarkt zeigt eine positive Entwicklung und nähert sich mit einer Arbeitslosenquote von 6,1 Prozent dem Niveau von vor der Rezession. Im internationalen Handel überwogen die Importe, doch privater Verbrauch, Anlageinvestitionen und Lagerbestände tragen zur positiven Gesamtentwicklung bei. Dies lässt ein starkes zweites Halbjahr erwarten, das 2015 seine Fortsetzung finden kann.
China: Ende des bloßen Wachstumsstrebens
China muss sich weiterhin mit diversen Problemfeldern auseinandersetzen: Fallende Immobilienpreise lassen Investoren auf günstigeres Klima warten, und der industrielle Sektor verzeichnet das geringste Wachstum seit 2008. Banken und ausländische Investoren agieren mit großer Vorsicht, während die Binnennachfrage auf niedrigem Niveau verweilt. Das Wachstumsziel von 7,5 Prozent für 2014 wird voraussichtlich nicht erreicht werden. Zentralbank und Regierung fokussieren neu: Anstelle von möglichst großen Zuwachsraten um jeden Preis sollen Reformen langfristig für nachhaltigeres und qualitatives Wachstum sorgen.
Japan: Abenomics auf dem Prüfstand
Der dritte Pfeil der „Abenomics“ hat in Japan bisher geringe wirtschaftliche Auswirkungen. Die markt-öffnenden Deregulierungsmaßnahmen sollen Fortschritte bringen, doch die Abe-Regierung wird mit zwei großen Problemen konfrontiert. Die drastische Steuererhöhung im April 2014 hat die staatliche Wachstumsprognose sinken lassen – eine weitere ist 2015 geplant. Darüber hinaus fallen die Exporte und der schwache Yen lässt die Exporterlöse zusätzlich sinken.
Indien/Brasilien: Erholung durch Reformen
Die wirtschaftliche Lage Indiens und Brasiliens ist an das nationale politische Klima gekoppelt. Während die neue indische Regierung erste Erfolge verbuchen kann, muss sich Brasiliens Staatsführung für die schwache Wirtschaftsentwicklung verantworten. Erstere erholt sich trotz hoher Inflationsrate und Haushaltsdefiziten in moderatem Tempo und die Exporte nehmen zu – das ist das Ergebnis von Reformen, die in Brasilien noch auf sich warten lassen. Hohe Staatsverschuldung oder grundlegende strukturelle Probleme werden dort bisher nicht angesprochen. Dies könnte sich nach den Präsidentschaftswahlen im Oktober ändern.
Russland: Isolation durch Sanktionen
Die Sanktionen gegen Russland treffen die Wirtschaft zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Geringes Wachstum, hohe Inflation (7,6%) und Kapitalflucht verschärfen die Lage, die von einem massiven Reformstau gezeichnet ist. Die Hinwendung zum chinesischen Markt kann die Folgen der westlichen Sanktionen nicht alleine auffangen, denn neue Sanktionen wichtiger Handelspartner lassen Russland in die Isolation driften. Auch der bisher kaum davon berührte Rohstoffexport bekommt erste Folgen durch aufgekündigte Kooperationen zu spüren.
„Der Global Economic Outlook zeigt, wie wenig nachhaltig die jüngsten Wachstumsschübe waren. Die akuten Herausforderungen lassen die wirtschaftliche Erholung unterschiedlich verlaufen und machen weitere Fortschritte vom Umgang mit Krisen und Reformpaketen auf nationaler und internationaler Ebene abhängig. Die Rückkehr auf einen stabilen und machhaltigen Wachstumspfad ist in den kommenden Monaten nur begrenzt zu erwarten“, schließt Dr. Alexander Börsch.