Chrom ist mit Abstand der Rohstoff für die Edelstahlproduktion, dessen künftige ökonomische Verfügbarkeit für die Edelstahlindustrie am kritischsten ist. Die Verfügbarkeit von Chrom, einem der Hauptbestandteile von Edelstahl, ist sogar geringer als die von Rohöl, das gemeinhin als knappes Gut eingeschätzt wird. Zu diesem Ergebnis kommt das Team von Prof. Dr. Matthias Finkbeiner von der TU Berlin, der im Auftrag der deutsch-niederländischen Rohstoffhandelsgruppe Oryx Stainless wissenschaftlich die Einflussfaktoren auf die Verfügbarkeit der Hauptelemente von Edelstahl, nämlich Nickel, Chrom und Eisen, jenseits der geologischenReserven untersucht hat. Als wichtige Sekundärrohstoffquelle wurde darüber hinaus Edelstahlschrott in die Studie miteinbezogen, der heute mit einem Anteil von durchschnittlich 50 Prozent zur Produktionneuen Edelstahls eingesetzt wird. Komplexere Versorgungsketten, globalisierte Märkte wie auch Handelsbarrieren in Folge nationaler Rohstoffpolitiken wirken sich immer stärker auf die tatsächliche Verfügbarkeit von Rohstoffen aus, die bei einer konventionellen Einschätzung, die ausschließlich auf die geologischen Reserven abzielt, unberücksichtigt bleiben.
Die Studienergebnisse zeigen eindeutig, dass zur Beurteilung der tatsächlichen künftigen Verfügbarkeit von Rohstoffen der alleinige Fokus auf die geologischen Rohstoffreserven nicht ausreicht. „Chrom wäre unter alleiniger Berücksichtigung der geologischen Reserven für die Edelstahlindustrie unauffällig. Nickel dagegen erscheint kritisch. Unter Einbeziehung ökonomischer Aspekte wird Chrom eher ein
knappes Gut. Der Zugang zu Nickel ist in dem erweiterten Szenario stattdessen unkritisch“, so Prof. Finkbeiner. Hauptursache für die höhere Kritikalität von Chrom ist nach Angaben der TU Berlin das für diesen Rohstoff prognostizierte Nachfragewachstum. Wichtige begrenzende Faktoren sind darüber hinaus die relative geografische Konzentration der natürlichen Reserven, der Zufluss von Chrom durch den Sekundärrohstoff Schrott sowie die theoretische Reichweite des Rohstoffs, der mit einem Anteil von knapp 19 Prozent zu denwichtigsten Bestandteilen von Edelstahl zählt. Handelsbeschränkungen wie auch die Unternehmenskonzentration spielen für Chrom eine eher untergeordnete Rolle, ganz im Gegensatz zum Rohstoff Eisenerz, dessen Verfügbarkeit aber in diesem Rahmen als eher unkritisch anzusehen ist.
Eine Sonderrolle nimmt der Edelstahlbestandteil Schrott ein. Wenngleich seine Verfügbarkeit nach Ansicht der TU Berlin auch eher
unkritisch gesehen wird, so ist sie doch stärker begrenzt als die vonNickel, dem mit Abstand preisbestimmendsten Rohstoffbestandteil von Edelstahl. Die relative Kritikalität von Edelstahlschrott ist vor allem auf das prognostizierte Nachfragewachstum, die theoretische Reichweite der Reserven sowie deren geografische Konzentration zurückzuführen.
„Das Studienergebnis der TU Berlin unterstreicht die Notwenigkeit, die Edelstahlrecyclingraten auch in Zukunft auf hohem Niveau zu
halten“, so Roland Mauss, Vorstandsmitglied des weltweit führenden Edelstahlschrotthandelsunternehmens Oryx Stainless. Durch konsequentes Recycling sind die weltweiten Edelstahlschrottreserven in den letzten 30 Jahren von gut 45 Mio. Tonnen auf rund 168 Mio. Tonnen (2010) angewachsen. Bis 2020 sollen sie nach einschlägigen Schätzungen um mehr als 45 Prozent ansteigen. Dem gegenüber steht
eine Edelstahlindustrie, deren Produktion allein in den vergangenen zehn Jahren um knapp 70 Prozent gestiegen ist und nicht zuletzt durch das anhaltende Wirtschaftswachstum in China weiter dynamisch zunehmenwird. „Mit Blick auf die Wachstumsraten in der Edelstahlindustrie gilt es, möglichst effizient auch mit der Rohstoffklasse Schrott umzugehen. Hierzu gehören vor allem auch offene Weltmärkte für einen barrierefreien Welthandel, damit der richtige Edelstahlschrott am richtigen Ort sein kann. Nationale Marktabschottungen oder andere
protektionistische Maßnahmen wirken sich negativ aus und werden die Verfügbarkeit von Rohstoffen wie Chrom weiter einschränken“, so
Roland Mauss.