Wirtschaft

Bundesverfassungsgericht gibt Startschuss für den ESM – Drei Fragen an Frank Engels

Das Bundesverfassungsgericht hat heute den Weg für den Euro-Rettungsschirm ESM frei gemacht – allerdings mit der Auflage, dass die Haftungsgrenze Deutschlands von 190 Milliarden Euro nur mit Zustimmung des Bundestages geändert werden könnte. „Das Urteil war so weitestgehend von den Marktteilnehmern erwartet worden. Die erste Reaktion der Märkte ist positiv, da dadurch ein weiterer Unsicherheitsfaktor in der Euro-Staatsschuldenkrise beseitigt worden ist“, betont Dr. Frank Engels, Leiter Portfoliomanagement Renten bei Union Investment.

1. Ist die Hängepartie um den Euro durch das Urteil beendet?

Das Urteil schafft endlich Klarheit. Die Zustimmung zum ESM und zum Fiskalpakt kann damit erfolgen, und es entsteht Sicherheit über die konkrete Ausgestaltung des permanenten Rettungsschirms. Da bis auf Deutschland, Italien und Estland alle weiteren Mitgliedsländer der Eurozone bereits ihre Zustimmung erteilt haben, ist die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts de facto der Startschuss für den ESM. Die Verfassungsrichter sind ihrer Linie treu geblieben, indem sie konsistent zu den früheren Urteilen zur Griechenlandhilfe und zum EFSF entschieden haben. Auch damals hatte das Gericht eine weitreichende Beteiligung des deutschen Parlaments angemahnt, aber nicht prinzipiell gegen die Kreditgewährung an Griechenland bzw. die Auflegung und Statuten des EFSF gestimmt. Da zudem die EZB ihre potenziellen Interventionen unter dem in der letzten Woche angekündigten Outright Monetary Transactions-Programm explizit an die Rettungsschirme EFSF bzw. ESM bindet, ist jetzt der Rahmen geschaffen, um mögliche weitere Hilfen für Spanien auf den Weg zu bringen.

2. Kommen damit neue Lasten auf den deutschen Steuerzahler zu?

Die vom Bundesverfassungsgericht nun geschaffene Klarheit hat für den deutschen Bundesbürger gleich mehrere Vorteile:

Der sogenannte Fiskalpakt kann in Kraft treten. Er schreibt gesetzliche Obergrenzen für Staatsschulden und Haushaltsdefizite vor. Die Politiker der Eurozone sind dadurch gesetzlich verpflichtet, Haushaltskonsolidierung zu betreiben. Eine Verletzung der Haushaltsdisziplin des Fiskalpaktes käme dann einem Rechtsbruch gleich, und die betreffenden Politiker bzw. Regierungen könnten sowohl vor inländischen Gerichten als auch vor dem europäischen Gerichtshof zur Verantwortung gezogen werden.

Der ESM hat eine klar definierte Haftungsobergrenze von insgesamt 700 Mrd. Euro. Davon entfallen ca. 27 Prozent, also 190 Mrd. Euro, auf Deutschland. Nahezu alle wichtigen Entscheidungen des ESM verlangen Einstimmigkeit aller Anteilseigner. Das Verfassungsgericht hat mit seinem Urteil nun klar gemacht, dass der Deutsche Bundestag einer etwaigen Erhöhung dieser Haftungsobergrenze zustimmen muss.

Der ESM beruht auf einem völkerrechtlichen Vertrag, der nicht einseitig von einem Land gekündigt werden kann. Das schafft zusätzliche Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Zudem kann und soll nach dem heutigen Richterspruch aus Karlsruhe die Bundesregierung das deutsche Parlament weitestmöglich einbinden, bevor sie im ESM Entscheidungen zu Finanzhilfen jedweder Art beschließt.

3. Wie wirkt sich das Urteil auf die Finanzmärkte aus?

Insgesamt sollte die heutige Entscheidung das bereits positive Risikosentiment im Markt unterstützen. Wir erwarten daher kurzfristig weiteren Rückenwind für Risikoanlagen wie Aktien, Unternehmens- und Emerging Market-Anleihen sowie Anleihen aus der Europeripherie. Auch der Euro sollte weiter vom Abbau der Unsicherheit profitieren.

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