Wir berichteten hierzu damals ausführlich: http://www.wirth-rechtsanwaelte.com/wp-content/uploads/Wirth-Rechtsanwaelte-PM-AfW-AOK.pdf
Der AfW setzte letztinstanzlich im Rahmen eines Wettbewerbsprozesses durch, dass die AOK Nordost es zukünftig zu unterlassen hat, ohne die notwendige Erlaubnis nach § 34 d Gewerbeordnung private Krankenzusatzversicherungen anzubieten, zu ermöglichen und/oder mit einem derartigen Angebot zu werben.
Der Rechtsstreit erfolgte vor folgendem Hintergrund: Der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. ist der Berufsverband unabhängiger Finanzdienstleister. Seine Mitglieder sind qualifizierte und registrierte Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler. Der Verband sah in der Vermittlung von privaten Versicherungen durch Mitarbeiter der gesetzlichen Krankenkasse AOK Nordost einen Verstoß gegen Paragraf 34 d Gewerbeordnung (GewO). Der § 34 d GewO wurde 2007 insbesondere eingeführt, damit Verbrauchern nur noch qualifizierte, registrierte und mit einer Berufshaftpflichtversicherung ausgestattete Versicherungsvermittler gegenüber treten. Nach dieser Vorschrift bedarf es zur Vermittlung von privaten Versicherungsverträgen einer gewerberechtlichen Erlaubnis und einer Registrierung bei der örtlich zuständigen IHK. Weder die AOK Nordost noch die einzelnen Mitarbeiter haben eine solche Erlaubnis und Registrierung.
Spätestens nach dem BGH-Urteil musste die Rolle der eigentlich zuständigen Aufsichtsbehörden kritisch hinterfragt werden. Das betraf in erster Linie die für die AOK Nordost zuständige Aufsichtsbehörde Bundesversicherungsamt (BVA). Aber auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Sie war als Aufsichtsbehörde für das private Versicherungsunternehmen zuständig, deren Versicherungen durch die AOK Nordost vermittelt wurden. Beide Behörden ließen den Missstand jahrelang zu.
Nun, gut 4 Monate nach dem Urteil, reagieren beide Behörden sichtbar.
Seitens der BaFin werden die von ihr beaufsichtigten Versicherer – insbesondere die privaten Krankenversicherer – darauf hingewiesen, dass sie verstärkt darauf zu achten haben, dass bei der Zusammenarbeit mit gesetzlichen Krankenversicherungen im Regelfall § 80 Versicherungsaufsichtsgesetz und § 34 d GewO Anwendung finden. Die BaFin werde Zuwiderhandlungen bei der Missstandsaufsicht aufgreifen und gegebenenfalls als Ordnungswidrigkeit sanktionieren.
http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2014/fa_bj_1402_versicherungsvermittlung.html
Das Bundesversicherungsamt, welches die Rechtsaufsicht über die bundesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Krankenversicherung führt, weist ebenfalls aktuell in einem lesenswerten Rundschreiben an das Bundesgesundheitsministerium, die Aufsichtsbehörden der Länder und den GKV-Spitzenverband auf das Urteil und seine Auswirkungen hin. Die Krankenkassen werden darin dringend darauf hingewiesen, die gewerberechtlichen Regelungen zur Versicherungsvermittlung, wie sie sich aus § 34 d Gewerbeordnung ergeben zu beachten.
http://www.bundesversicherungsamt.de/fileadmin/redaktion/Krankenversicherung/Rundschreiben/I1-4982-3810-2003-Rundschreiben_Vermittlung_private_Zusatzversicherungen.pdf
Rechtsanwalt Norman Wirth meint hierzu: „Ich sehe das mit gewissem Optimismus. Das Urteil und diese Reaktionen führen hoffentlich dazu, dass die Grenzen der rechtswidrigen Versicherungsvermittlung klarer gezogen sind. Bei rechtswidriger Versicherungsvermittlung handeln damit hoffentlich die jeweiligen Aufsichtsbehörden zukünftig unmittelbar – ohne einen jahrelangen Wettbewerbsprozess abzuwarten. Das wäre im Interesse der Kunden und der korrekt und kundenorientiert arbeitenden Versicherungsvermittler jedenfalls äußerst wünschenswert.“