Die einzige Ausnahme im mittleren Preissegment ist der Landkreis Nordfriesland. Im oberen Segment – den teuersten zehn Prozent der Angebote – ist die Liste der Sonderfälle etwas länger: Hier sind Neubauten in den Ferienregionen an der Nordsee (Landkreise Aurich, Leer, Friesland und Wittmund) sowie in der Stadt und im Landkreis Rostock an der Ostsee günstiger als Bestandswohnungen. Dies sind zentrale Ergebnisse der Studie „Postbank Wohnatlas 2025“.
In einigen Regionen kann sich der Kauf eines Neubaus trotz höherer Preise langfristig lohnen. Denn ältere Eigentumswohnungen müssen oft umfangreich saniert oder energetisch modernisiert werden. Expertinnen und Experten des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) haben für den Postbank Wohnatlas die regionalen Preisunterschiede zwischen Neubauten, die zwischen 2022 und 2024 fertiggestellt wurden, und vergleichbaren Bestandswohnungen analysiert. Dafür haben sie auf Basis der Angebote des Jahres 2024 die Preisdifferenzen für 70 Quadratmeter große Eigentumswohnungen in zwei Preiskategorien berechnet. Im mittleren Preissegment werden die mittleren Preise (Mediane) aller Bestands- sowie aller Neubauwohnungen einer Region einander gegenübergestellt. Der Median gibt den jeweils mittleren Wert aller Preise an, die vorab nach aufsteigender Größe sortiert wurden. Ober- bzw. unterhalb des Medians liegen somit jeweils 50 Prozent der Werte. Im oberen Preissegment wurden die teuersten zehn Prozent der Preise von Neubau- und Bestandswohnungen miteinander verglichen. Nebenkosten blieben außen vor.
Mittleres Preissegment: In 68 Regionen ist die Preisdifferenz besonders groß
„Die erheblichen Preisaufschläge für Neubauten in einigen Regionen entstehen durch ein knappes Angebot an Bauland in Verbindung mit den hohen und weiterhin steigenden Baukosten. In einigen Gebieten bleiben Bestandswohnungen selbst inklusive der Sanierungskosten preiswerter“, sagt Manuel Beermann, verantwortlich für das Immobiliengeschäft bei der Postbank. „Bestandswohnungen haben den Vorteil, dass Käufer*innen das Objekt direkt prüfen können, statt sich nur anhand von Plänen vorzustellen, wie hell oder geräumig die Immobilie sein könnte. Gerade deshalb ist es wichtig, Fachleute hinzuzuziehen, um versteckte Mängel zu erkennen. Nur wer den Zustand von Bausubstanz, Elektroinstallationen und Dämmung genau kennt, kann den Preis realistisch bewerten.“
In 48 Regionen sind die Preisunterschiede zwischen Neubau und Bestand im mittleren Preissegment hingegen geringer. Dort zahlen Käufer*innen durchschnittlich maximal 1.500 Euro je Quadratmeter, also 105.000 Euro zusätzlich für eine Neubauwohnung. Besonders niedrig sind die Aufpreise in Ferienregionen an den Küsten – acht davon zählen zu den zehn Regionen mit den geringsten Preisdifferenzen. Im Landkreis Leer (Rang vier) beträgt der Aufschlag nur 14.505 Euro. Noch günstiger ist es im Landkreis Rostock (Rang drei, 7.356 Euro) und im Landkreis Aurich (Rang zwei, 6.924 Euro). Eine Sonderstellung nimmt Nordfriesland ein: Hier sind Neubauwohnungen sogar um 70.375 Euro preiswerter als Bestandsimmobilien. Der Grund: Wer in den Küstenregionen eine Wohnung im mittleren Preissegment in attraktiver Lage sucht, wird eher bei Bestands- als bei Neubauten fündig
Luxuswohnungen: Besonders hohe Preisaufschläge im Landkreis Miesbach
Die höchste Differenz verzeichnet der bayerische Landkreis Miesbach mit 635.896 Euro. Dahinter folgen die Landkreise Zwickau mit 439.993 Euro und Garmisch-Partenkirchen mit 355.825 Euro. Unter den zehn Regionen mit den höchsten Aufschlägen befinden sich auch drei der Big-7-Metropolen: Stuttgart rangiert mit 343.652 Euro auf Platz fünf, Düsseldorf mit 333.698 Euro auf Platz sieben und München mit 308.963 Euro auf Platz zehn. Im Gegensatz zum mittleren Preissegment liegen im Landkreis Nordfriesland Neubauten im Luxussegment deutlich über dem Preisniveau bestehender Wohnungen. Hier beträgt der Aufschlag 343.599 Euro (Platz sechs).
Dem gegenüber stehen 102 Regionen, in denen die Aufschläge im oberen Preissegment vergleichsweise gering ausfallen. Käufer*innen zahlen dort für Neubauten durchschnittlich maximal 87.500 Euro, also 1.250 Euro mehr pro Quadratmeter als für Bestandsimmobilien. Am niedrigsten ist die Differenz im bayerischen Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge mit nur 1.772 Euro. Darauf folgen der Landkreis Altenburger Land (Thüringen) mit 3.390 Euro und der Werra-Meißner-Kreis (Hessen) mit 12.264 Euro.
„Bei geringen Preisunterschieden haben Neubauten vor allem den Vorteil einer energieeffizienten Bauweise. Angesichts steigender Lebenshaltungs- und Wohnnebenkosten sparen Käufer*innen so langfristig Geld. Außerdem entfallen in der Regel auf absehbare Zeit zusätzliche Sanierungskosten wie etwa für Dach, Elektrik oder Heizung“, sagt Beermann. „Käufer*innen sollten aber nicht nur auf das Baujahr achten. Entscheidend ist eine gründliche Abwägung aller Vor- und Nachteile der Immobilie.“
In sechs Küstenregionen sind Neubauten im oberen Preissegment durchschnittlich sogar günstiger als Bestandswohnungen. In der kreisfreien Stadt Rostock beträgt die Differenz 62.910 Euro, im Landkreis Rostock 77.470 Euro. Mit deutlichem Abstand folgen die Landkreise Wittmund mit 224.658 Euro, Friesland mit 226.528 Euro und Leer mit 283.328 Euro. Spitzenreiter ist der Landkreis Aurich, in dem Neubauten sogar um 619.246 Euro günstiger sind. Grund dafür ist die Knappheit von verfügbaren Neubaugrundstücken in attraktiver Lage. Auf den besonders begehrten Grundstücken in der Stadt- oder Ortsmitte sowie auf den großzügig geschnittenen Liegenschaften in Strandnähe stehen in der Regel Bestandswohnungen. Und die haben ihren Preis.