Am 1. und 2. Oktober 2013 fand die Jahrestagung der UNPRI (United Nations Principles of Responsible Investment) mit über 4.500 Delegierten und Sprechern in Kapstadt statt. Mit dabei war auch Nina Hodzic, ESG-Spezialistin bei ING Investment Management International (ING IM). Dabei nutzte sie die Gelegenheit zu einem Besuch in der Lonmin-Mine, um unmittelbare Einblicke in die südafrikanische Bergbauindustrie und ihren Umgang mit ESG-Themen (anhand der englischen Begriffe „ecological, social and governance“) zu gewinnen.
Der Bergbau trägt zwar nur 9 Prozent zur Wirtschaftsleistung Südafrikas bei, macht aber rund 50 Prozent der Exporteinnahmen des Landes aus. Direkt und indirekt hat der Bergbausektor über eine Million Arbeitsplätze geschaffen. In einem Land, in dem die Jugendarbeitslosigkeit immer noch über 50 Prozent beträgt, ist der Bergbau eine Schlüsselindustrie.
Zugleich ist die Bergbauindustrie jedoch ein Sektor, den viele mit einer langen Liste von ESG-Problemen verbinden. Der Bergbau wirft zahlreiche ökologische und soziale Fragen auf, wie beispielsweise gravierende Umweltschäden, Probleme bei Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Bestechung, Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen die Rechte der Bevölkerung vor Ort. Ein trauriges Beispiel sind die Unruhen in der Marikana-Mine in Lonmin im August 2012, bei der 46 Menschen ums Leben kamen.
Nina Hodzic erklärte dazu: „In der Vergangenheit gab es in mehreren südafrikanischen Minen strukturelle Probleme. Ich wollte mich vor Ort davon überzeugen, ob die Bergbauindustrie hier Fortschritte erzielt hat. Bei meiner Fahrt in die 500 Meter tiefe Grube hatte ich Gelegenheit, den Arbeitsablauf auf verschiedenen Ebenen zu beobachten und mit Arbeitern sowie der Geschäftsführung zu sprechen.“
„Ermutigend war, wie gut informiert und engagiert die Führungsspitze ist: Viele Topmanager haben in ihrer Laufbahn selbst unter Tage gearbeitet. Die Ausbildung der Arbeiter sowie Investitionen in die Gemeinschaft vor Ort wie erschwinglicher Wohnraum und Ausbildung sind für Lonmin von großer Bedeutung: Diese Faktoren führen zu höherer Produktivität der Beschäftigten und damit zu höherer Profitabilität des Unternehmens. Auf Sicherheit wird sehr viel Wert gelegt. Überall sah man Poster und Informationsmaterial, um die Mitarbeiter darin zu erinnern, wie wichtig die Einhaltung der Sicherheitsregeln ist. Lonmin hat bereits diverse Auszeichnungen für seine Sicherheitspolitik erhalten.“
Hodzic weiter: „Interessanterweise habe ich mit Menschen in Johannesburg gesprochen, die sich eher kritisch über die Regierung äußerten, aber recht positiv zu den Bergbauunternehmen, da diese Arbeitsplätze schaffen und in das Gemeinwesen vor Ort investieren. Damit übernehmen sie letztlich die Rolle des Staates. Unter anderem wurde sogar darauf hingewiesen, dass die Regierung regelmäßig die Leistungen der Bergbauunternehmen für die lokalen Anwohner für sich selbst beansprucht.“
„Die Bergbauindustrie ist zwar mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, aber ich schätze ihren Willen zum Wandel, zum Dialog mit den Menschen vor Ort und zur Verbesserung ihrer ökologischen und sozialen Praktiken als positiv ein. Dazu müssen Regierung, Gemeinden, Unternehmen, Gewerkschaften und die Menschen vor Ort enger zusammenarbeiten, gerade weil der Bergbau für die südafrikanische Wirtschaft so wichtig ist.“