Das natürliche menschliche GLP-1 wird im Körper schnell von einem Enzym mit dem Namen DPP-IV abgebaut (die Halbwertzeit2 von GLP-1 liegt bei gerade einmal zwei Minuten). Vernünftigerweise würde man argumentieren, dass durch ein Hemmen des DPP-IV-Enzyms der GLP-1-Spiegel für einen längeren Zeitraum höher bleibt, was dann zu einer besseren Blutzuckerkontrolle führt. Tatsächlich wurde eine Reihe von (oralen) niedermolekularen DPP-IV-Präparaten entwickelt, wobei Januvia von Merck das Erste war, das 2006 die Zulassung der FDA (der US-amerikanischen Lebens- und Arzneimittelbehörde) erhielt. Januvia und seine Co-Rezepturen sind heute ein mehrere Milliarden Dollar schweres Franchise. Das Biotechnologie-Unternehmen OSI Pharma erhält aufgrund seines geistigen Eigentums an dieser Substanz eine Lizenzgebühr aus den Verkäufen aller DPP-IVHemmer. 2010 wurde OSI für ein nettes Sümmchen von Astellas übernommen. Der jüngste Neuzugang zur DPP-IV-Flotte ist Takedas DPP-IV-Hemmer Alogliptin (Handelsname Nesina), der in Japan zugelassen ist und in den USA und Europa (hoffentlich) positiv vom Markt aufgenommen wird.Ebenfalls aus Gründen des geistigen Eigentums (siehe OSI Pharma) erhält auch das USamerikanische Biotechnologie-Unternehmen Furiex Pharma Lizenzgebühren aus allen Nesina-Verkäufen.
Es ist irgendwie frustrierend, dass die Wirksamkeit der meisten Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes durch das stetige Fortschreiten der Krankheit geschwächt wird. Dies hat zur Entwicklung von Co-Rezepturen verschiedener Arzneimittel geführt, bei denen die additive Wirkung der unterschiedlichen Wirkmechanismen die schlussendliche Wirkung erhöht. Die meisten Patienten wenden die zugelassenen Arzneimittel auch nacheinander an: Sie beginnen typischerweise mit der Einnahme oraler Präparate und wechseln bei fortschreitender Erkrankung erst zu GLP-1-Analoga und dann zur Insulintherapie. Daher fragte die medizinische Fachwelt nach neuen Behandlungsmöglichkeiten, und abermals ist dieses Begehren nicht auf taube Ohren gestoßen.
Wäre es nicht toll, wenn wir den überschüssigen Zucker einfach aus unserem Blut filtern könnten?
In der Tat tun unsere Nieren genau das. Sie entfernen täglich rund 160 Gramm Glukose aus unserem Blut. Allerdings hat unser Körper nach Millionen von Jahren als Jäger und Sammler und im Kampf ums Überleben gelernt, keine Kalorie zu verschwenden, und daher wird der ganze Zucker über einen Mechanismus in den Nieren recycelt, der natriumabhängiger Glucosetransporter Typ 2 (kurz SGLT-2) genannt wird. Wissenschaftler können heute diesen alten Mechanismus blockieren und haben damit neue Hoffnung im Kampf gegen Diabetes geweckt. Bristol Meyers und Astrazeneca waren die ersten, die die Zulassung eines so genannten SGLT-2-Hemmers beantragt haben. Jedoch könnten Hinweise auf ein geringfügiges Krebsrisiko in den klinischen Studien sowie Fälle von Lebertoxizität die kommerzielle und aufsichtsrechtliche Perspektive dieses Präparats zumindest in den USA gefährden. Der Nächste in der Reihe ist der mächtige Johnson & Johnson, dessen SGLT-2-Hemmer in sehr großen und gut angelegten Phase-III-Studien vielversprechende Ergebnisse zeigte, allerdings die Cholesterinwerte erhöht (wir gehen aber von einer Zulassung dieses Medikaments aus). Das US-amerikanische Biotechnologie-Unternehmen Lexicon Pharma scheint in dem Rennen um die Entwicklung des besten SGLT-2-Hemmers am besten positioniert zu sein (wie auch das deutsche Unternehmen Boehringer Ingelheim). Lexicon hat sogar eine Möglichkeit gefunden, sein Arzneimittel potenziell noch wirksamer zu machen: Es hemmt auch SGLT-1, einen vergleichbaren Absorptionskanal, der sich im Darm befindet und die Glukoseaufnahme aus dem Darm maximieren soll. (Bedenken Sie, dass unsere jagenden Vorfahren um jede einzelne Kalorie kämpfen mussten.)