Im Rahmen unserer taktischen Asset-Allokation rechtfertigt die auf kurze Sicht geringere Prognosesicherheit (noch) keine defensivere Risikoausrichtung. Wir sind weiter von zwei Themen überzeugt: die graduelle Umschichtung in europäische Aktien und die Outperformance zyklischer Segmente des Aktienmarktes.
Weitere Entwicklung des Ölpreises entscheidend
Der kletternde Ölpreis ($113 am 02.09.), der jetzt um 10-15 % über dem zweiten Quartal liegt, dämpft natürlich den Risikoappetit der Anleger. Doch nur wenn sich dieser Anstieg als mehr als eine Reaktion auf die momentane Verunsicherung erweist und es konkret zu Versorgungsengpässen kommt, wird die Wirkung auf weltweites Wachstum und Finanzmärkte von Dauer sein. Für Prognosen ist es noch zu früh, aber die Ungewissheit im Hinblick auf die weitere Wachstums- und Ertragsentwicklung steigt. Andererseits deuten die jüngsten Makrodaten darauf hin, dass unser Szenario einer beschleunigten globalen Wachstumsentwicklung Gestalt annimmt.
Jüngste Makrodaten signalisieren Aufschwung
Es muss betont werden, dass die Makrodaten an den entwickelten Märkten auf einen breit aufgestellten Konjunkturaufschwung hindeuten. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden nicht nur Japan, sondern auch die USA, Großbritannien und Deutschland auf Jahressicht eine überdurchschnittliche Zuwachsrate verzeichnen. Auch die Wirtschaft der Eurozone hat sich zum Besseren gewendet.
Bessere Stimmungsdaten in der Eurozone
Die EWU-Schuldenkrise hat das globale Wachstum be¬lastet, doch das ändert sich jetzt: Die jüngsten Daten aus der Eurozone bestätigen, dass die Region sich allmählich belebt, während der Inflationsdruck gedämpft bleibt. Der von der Europäischen Kommission für die 17 Länder der Eurozone herausgegebene Indikator der wirtschaftlichen Einschätzung (ESI) stieg von 92,5 im Juli auf 95,2 im August (seinen höchsten Stand seit März 2012) und damit weitaus stärker als erwartet (Konsens: 93,8). Dieser Anstieg war breit aufgestellt: Industrie, Dienstleistungssektor, Einzelhandel und Zuversicht der Verbraucher verzeichneten Entspannung, nur die Zuversicht im Baugewerbe lahmte. Die freundlichere Stimmung galt auch län¬derübergreifend; nur in Griechenland und Finnland trübte sie sich.
EWU-Inflation bleibt wohl unter 2 %
In der Eurozone sank die Inflation von 1,6 % im Juli auf 1,3 % im August, bedingt vor allem durch den Rückgang der Energiepreisinflation gegenüber August 2012, als der Ölpreis stark anzog. Auch die Lebensmittelteuerung, einschließlich Alkohol und Tabak, ließ nach, während die Kerninflation mit 1,1 % unverändert blieb. Beim aktuellen Ölpreis (113 $ pro Barrel) dürfte die Headline-Inflation im Laufe dieses und des nächsten Jahres unter 2 % bleiben, denn die Lebensmittelinflation sinkt weiter und die Kerninflation bleibt aufgrund der hohen Überkapazitäten in der Region begrenzt. Das könnte sich allerdings ändern, falls die Ereignisse in Syrien die Ölpreise deutlich nach oben drücken.
Stimmung bessert sich deutlich in der Eurozone
Weiter Konjunkturstütze für risikoreiche Assets
Die konjunkturelle Entwicklung dürfte sich weiter positiv auf risikoreiche Assets auswirken. Wir bleiben bei der leichten Übergewichtung von Aktien und der leichten Untergewichtung von Staatsanleihen. Auf Sektoren- und Regionenebene setzen wir auf eine zyklische Präferenz bei Aktien. Bei Aktientiteln und Immobilienaktien ziehen wir europäische Werte vor.
Gewinnprognosen für Europa nach oben revidiert
Die freundlicheren Konjunkturaussichten für Europa werden sich schließlich auch positiv auf das Gewinnwachstum auswirken. Wir haben unsere Prognosen für 2013 von 3 % auf 6 % und für 2014 von 10 % auf 12 % angepasst. Mit unserer Prognose eines 6%igen Gewinnwachstums für europäische Unternehmen liegen wir etwas über dem Konsens. Der erwartete Gewinnzuwachs von 12 % für 2014 entspricht hingegen den Konsensprognosen. Durch höhere Erträge und Kostendämpfung (mangelnde Preismacht am Arbeitsmarkt!) sollen sich die Gewinnspannen verbessern. Beim Ölpreis ist bereits ein geopolitischer Risikoaufschlag eingepreist. Ein struktureller Ölpreisanstieg wäre für Wirtschafts- und Gewinnwachstum negativ, doch bislang gibt es keine konkreten Hinweise darauf.
Für US-Unternehmen prognostizieren wir ein Wachstum von 6 % (2013) bzw. 9 % (2014) und für japanische Unternehmen 40 % bzw. 17 %. Schwellenländer-Unternehmen dürften in diesen Jahren Gewinnzuwächse von 7 % erzielen.
Japanische Wirtschaft konsolidiert
Die japanische Wirtschaft ist in Q2 – annualisiert – gegenüber dem Vorquartal um 2,6 % gewachsen; in Q1 hatte die Zuwachsrate noch 3,8 % betragen. Ab jetzt könnte sich das Wachstumstempo gegenüber der Rate von 3 % in H1 etwas verlangsamen, sollte aber deutlich über der Potenzialrate von unter 1 % liegen. Ein solch leichter Rückgang ist kein Grund zur Sorge; das Wachstum dürfte sich in H2 auf einem Niveau von annähernd 3 % einpendeln.
Trotz der unlängst etwas schwächeren Wirtschaftsleistung in Japan zählen die Fundamentaldaten des Landes immer noch zu den besten an den entwickelten Märkten. Die wachsenden Spannungen im Nahen Osten könnten indes eine Flucht in sichere Werte auslösen. Das wäre für den Yen günstig, nicht jedoch für die Aktienmärkte. Auch ein strukturell höherer Ölpreis infolge der Syrienkrise würde das von Ölimporten abhängige Japan belasten. Noch gibt es keine ausreichenden Hinweise für ein solches Szenario. Wir bleiben bei der leichten Übergewichtung japanischer Aktien.