Bei den Unternehmensgewinnen sind die jüngsten Nachrichten aus den USA weitestgehend positiv ausgefallen. In anderen Ländern ist die Lage dagegen nicht so eindeutig. Die letzte Berichtssaison in Europa brachte keine wesentlichen Signale, und zahlreiche europäische Unternehmen leiden weiterhin unter der eingetrübten Konjunktur in den Schwellenländern. Der japanische Aktienmarkt entwickelt sich in jüngster Zeit positiv, da Unternehmen von einem schwächeren Yen und einem festeren US-Dollar profitieren. Allerdings scheint die Wirkung von Abenomics etwas nachzulassen, und mehrere politische Skandale haben Abes Popularität zuletzt geschadet. In China kühlt sich das Wirtschaftswachstum weiterhin ab, die Konjunktur steuert auf die schlechteste Jahresleistung seit 1990 zu.
Der sich verschlechternde Ausblick für das Weltwirtschaftswachstum sowie die Tatsache, dass politische Entscheidungsträger wenig dagegen tun können, geben eindeutig Grund zur Sorge: Die Möglichkeiten der Geldpolitik sind in vielen Volkswirtschaften in der Welt mit Zinssätzen bei oder nahe Null ausgeschöpft. Selbst Länder wie Schweden, die als Beispiel für „nachhaltigen Kapitalismus“ galten, mussten ihre Zinsen aufgrund sinkender Preise auf Null setzen. Fiskalpolitische Impulse könnten normalerweise Entlastung bringen. Die meisten Staaten sind aber bereits jetzt schon viel zu hoch verschuldet, sodass weitere Ausgaben zur Wachstumsförderung keine Option sind. Aus geldpolitischer Sicht ist Japans Ausweitung der Asset-Ankäufe zu begrüßen, insbesondere, da die Fed ihre quantitative Lockerung einstellt. Deutschland dürfte allerdings mit am stärksten unter einem schwächeren Yen leiden.
Der größte Pluspunkt für Risikoanlagen besteht darin, dass ein niedrigerer Ölpreis den Konsum und die Industrie in der entwickelten Welt voraussichtlich beflügeln wird. Die Kehrseite sind aber entsprechend höhere Belastungen und Währungsschwankungen für die Förderländer. Es bleibt abzuwarten, ob der Verfall der Ölpreise langfristig oder nur vorübergehend ist. Sinkende Energiepreise (und eine geringe Inflation) sollten aber dazu führen, dass die Zentralbanken der Industrienationen mindestens bis zum zweiten Halbjahr des nächsten Jahres unter keinem oder nur geringem Druck stehen, die Zinsen zu erhöhen.
Für unser Asset-Allocation-Modell bedeutet dies, dass wir weiterhin Aktien gegenüber Anleihen bevorzugen. Allerdings werden wir unser Engagement angesichts der oben ausgeführten Unsicherheit bei Wachstum und Politik erst dann erhöhen, wenn mehr Klarheit über die Gewinnentwicklung besteht und die Bewertungen günstiger sind. Bei dem derzeitigen Renditeniveau in Staatsanleihen von Kernländern zu investieren, ergibt für uns keinen Sinn. Die derzeitigen Entwicklungen bei Wachstum und Inflation deuten jedoch darauf hin, dass die Renditen für einige Zeit auf ihrem niedrigen Stand bleiben könnten.