2. Beobachten Sie die politischen Ereignisse auf der ganzen Welt, aber verfallen Sie nicht in eine Schockstarre: 2014 war sehr ereignisreich – Russland ist in der Ukraine einmarschiert, die Unruhen im Nahen Osten sind wieder aufgeflammt, das chinesische Wachstum ließ nach, die Fed fährt ihre Anleihekäufe zurück, in Brasilien gab es eine Dürre, und in Indien sowie Indonesien fanden Wahlen statt. Trotzdem sind Emerging-Market-Aktien um respektable 15% gestiegen. Was wir daraus lernen? Es lohnt sich, bei schlechten Nachrichten diszipliniert zu bleiben.
3. Die Zeiten, als in denen mit Beta leicht Geld zu verdienen war, sind vorbei: In den letzten zehn Jahren lagen Emerging-Market-Aktien um etwa 3 Prozentpunkte p.a. vor Industrieländeraktien. Zu verdanken war das dem verhältnismäßig schnellen Wirtschaftswachstum, der besseren Rentabilität der Unternehmen, dem stärkeren Gewinnwachstum und den anfangs deutlich niedrigeren Bewertungen. All dies hat sich mittlerweile relativiert, so dass passive Emerging-Market-Strategien in den nächsten Jahren nicht mehr so extrem erfolgreich sein dürften.
4. Volatilität ist ein größeres Problem: Da die Emerging-Market-Indizes in den nächsten Jahren nicht mehr so stark steigen dürften, wird man sich in Zukunft wohl deutlich mehr anstrengen müssen, damit der erheblich höheren Volatilität von Emerging-Market-Aktien angemessene Erträge gegenüberstehen. Man muss neue Wege gehen, um erkennbare Mehrerträge gegenüber dem Index zu erzielen, und/oder Strategien zur Volatilitätsminderung einsetzen. Beides ist für passive Strategien schwieriger als für aktive Konzepte, die mehr Spielraum haben.
5. Die gute Nachricht: Es gibt nach wie vor Alphachancen. In Schwellenländern verbreiten sich Informationen über Länder und Unternehmen weniger schnell, und die Informationswege sind weniger transparent. Dadurch entstehen Fehlbewertungen, die man als geschickter Einzelwertspezialist nutzen kann. Bewertung, Rentabilität und Kursmomentum spielen an den Emerging Markets auch in Zukunft eine größere Rolle als in den Industrieländern (Abbildung). Es dürfte sich weiter auszahlen, auf diese bewährten Faktoren zu setzen.
6. Das Ende der „sicheren Wetten” steht bevor: Die Emerging Markets wachsen weniger stark, und die politischen Risiken sind gestiegen. Deshalb zahlen Anleger immer mehr für Unternehmen, die zurzeit sehr erfolgreich sind und meiden Firmen, deren Gewinne möglicherweise erst in Zukunft steigen. Die Bewertungsunterschiede zwischen diesen beiden Gruppen sind so hoch wie nur in 5% der Betrachtungszeiträume der letzten 20 Jahre. In solchen Phasen war es bislang immer besonders sinnvoll, in Value zu investieren, auch wenn dies ein wenig zu Lasten der Qualität geht. Benchmarkorientierte Konzepte könnten zu sehr auf die Gewinner der Vergangenheit setzen.
7. Diversifizieren Sie Ihr Engagement durch Multi-Asset-Strategien und kleinere Märkte: Es gibt zwei Wege, die Ertragschancen der Emerging Markets zu nutzen und zugleich das Risiko zu diversifizieren. So können Multi-Asset-Strategien aktienähnliche und stabilere Erträge erzielen, weil man mit ihnen auch in ausgewählte Emerging-Market-Anleihen investiert. Eine andere Möglichkeit sind Investitionen in kleinere Schwellenländer. Viele von ihnen wachsen schnell, korrelieren aber weniger als die BRICs und eignen sich oft besser für Einzelwertstrategien, weil es weniger Informationen gibt. In zehn Jahren dürften Märkte wie Vietnam, Nigeria und Qatar in internationalen Portfolios eine wichtigere Rolle spielen.
Morgan C. Harting – Emerging Markets Portfolio Manager bei AB (AllianceBernstein).