In der Regel hat der Markt in den ersten drei Monaten nach einem Zinsschnitt nachgegeben – um dann zu einem Aufschwung anzusetzen, der unter dem Strich positive Ergebnisse gebracht hat“, erklärt Bell. Eine Zinserhöhung dürfte zwar nicht nur in den USA, sondern auch an den globalen Märkten zunächst für negative Renditen und Volatilität sorgen. Insbesondere in Europa gebe es aber weiter viel Spielraum für steigende Unternehmensergebnisse, die sich langfristig positiv auf die Kurse auswirken dürften. „Die jüngste Marktschwäche hat zwar die Nerven der ‚Aktien-Bullen‘ strapaziert, doch allem Anschein nach handelte es sich dabei eher um eine kurzfristige Korrekturphase als um den Beginn eines echten Bärenmarktes“, sagt Bell.
Europäische Aktien mit größerem Aufwärtspotenzial
Während die Unternehmensgewinne in den Vereinigten Staaten in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren dramatisch gestiegen seien, hinkten die Ergebnisse der europäischen Firmen der US-Entwicklung noch immer hinterher, so Bell. „Die ökonomischen Bedingungen sprechen dafür, dass die europäischen Unternehmen die Gewinnlücke schließen können: Es wird noch Jahre dauern, bis die Europäische Zentralbank die Zinsen erhöhen muss, und noch länger, bevor die Arbeitslosigkeit stark genug gefallen ist, um die Lohnstückkosten steigen zu lassen. Vor diesem Hintergrund dürfte auch die Euro-Schwäche anhalten, von der die Unternehmen profitieren“, analysiert der Volkswirt. Die Ereignisse um Griechenland in der ersten Jahreshälfte hätten zudem gezeigt, dass die Krise keineswegs ausgestanden, die Ansteckungsgefahr jedoch gering ist. Investoren könnten daher mit guten langfristigen Renditen bei europäischen Aktien rechnen, sollten ihre Anlagen allerdings gegen den US-Dollar oder Britische Pfund absichern.
Die Zinserhöhung ist nur eine Frage der Zeit
Nach dem lange erwarteten und dann ausgebliebenen Zinsschritt vor ein paar Wochen haben viele Kommentatoren der Fed Zögerlichkeit unterstellt. „Mit Blick auf vergangene Zinsschritte wäre ein zu langes Herauszögern tatsächlich ein Risikoszenario, das allerdings nicht realistisch ist. Vielmehr nimmt die US-Geldpolitik derzeit noch Rücksicht auf die niedrige Inflation. Historisch haben sich niedrige positive Inflationsraten als ideal für die Aktienmärkte erwiesen, und genau auf diesen Korridor zielt die US-Geldpolitik derzeit“, sagt Bell. Wenn der Zinsschritt kommt, werde er vor dem Hintergrund einer starken US-Wirtschaft stattfinden. Investoren dürften in dieser Situation gut beraten sein, sich auf Turbulenzen einzustellen, sich aber nicht zu lange von den Aktienmärkten fernzuhalten.